Das Verwaltungsgericht Hannover hat die beklagte Polizeiakademie Niedersachsen verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers neu zu entscheiden, bei dem eine mehrjährig und erfolgreich therapierte HIV-Infektion besteht. Infolge der Therapie mit antiretroviraler Medikation liegt bei dem Kläger die Viruslast ständig unter der Nachweisgrenze.

Das Gericht hat zu der Frage, ob diese Infektion zur Polizeidienstuntauglichkeit führt, ein Sachverständigengutachten eines u. a. im Bereich der Immunologie forschenden Professors der Medizinischen Hochschule Hannover eingeholt.

Die Kammer ist der Auffassung des Sachverständigen gefolgt, dass bei dem Kläger weder eine vorzeitige Dienstunfähigkeit drohe noch ein Risiko bestehe, dass er Kollegen oder Bürger anstecken könnte. Sie hat dabei hervorgehoben, dass ihre Einschätzung nicht allgemein für HIV-Infizierte Geltung beansprucht, sondern sich auf die gesundheitliche Situation des effektiv therapierten Klägers bezieht. Da der Kläger das Auswahlverfahren für den Polizeidienst noch gar nicht durchlaufen hatte, konnte er nicht mit Erfolg seine Einstellung als Polizeikommissar-Anwärter beanspruchen, sondern nur eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Frage der Polizeidiensttauglichkeit.

Schadensersatz oder Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz hat die Kammer dem Kläger hingegen nicht zugesprochen, weil nach ihrer Auffassung schon die Frist von zwei Monaten für die Geltendmachung solcher Ansprüche nach Ablehnung der Bewerbung nicht eingehalten wurde. Die Kammer hat gleichwohl angemerkt, dass sie auch in der Sache nicht von einer Diskriminierung des Klägers ausgeht, weil seine Polizeidiensttauglichkeit erst infolge des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens fundiert bewertet werden konnte.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum OVG Niedersachsen zugelassen.

VG Hannover, 18.07.2019 – Az: 13 A 2059/17

Quelle: PM des VG Hannover

Ein Interessenausgleich – sowie der dazu gehöhrende Sozialplan – bei einer Fluggesellschaft, der aus dem Jahre 2015 stammt, erfasst als konkrete Änderung des Flugbetriebes jedenfalls nicht die coronabedingte Stilllegung des gesamten Flugbetriebs, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs gerade einmal die Neuausrichtung des Flugbetriebes hin zum Wet-Lease-Operator unter möglicher Schließung einzelner Stationen zu nicht näher definierten Zeitpunkten geplant war.

Der Sozialplan aus dem Jahre 2015 kann daher nicht die sozialen Nachteile der Arbeitnehmer mildern, die mit der nunmehr geplanten Stilllegung des gesamten Flugbetriebes verbunden sind.

Hierzu führte das Gericht aus:

Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BAG, ist ein Interessenausgleich iSv. § 112 BetrVG bzw. § 112 TV PV – im Unterschied zu einem Sozialplan, der seinem Gegenstand nach auf die Beseitigung zukünftiger Nachteile infolge einer Betriebsänderung gerichtet ist und der auch grundsätzlich abstrakt-generelle Regelungen enthalten kann – seiner Natur nach auf den Einzelfall bezogen, denn durch ihn soll der Betriebsrat – bzw. vorliegend eine Personalvertretung – Einfluss auf die Gestaltung einer konkreten Betriebsänderung nehmen können. Dies schließt vorweggenommene Regelungen für künftige, in ihren Einzelheiten noch nicht absehbare Maßnahmen aus, so dass ein Interessenausgleich nicht abstrakt-generell für künftige Fälle im voraus abgeschlossen werden kann (BAG, 26.08.1997 – Az: 1 ABR 12/97). Ein Interessenausgleich kann nicht „auf Vorrat“ oder „vorsorglich“ abgeschlossen werden. In einer solchen Regelung läge in Wirklichkeit ein (unzulässiger) Verzicht auf die Mitgestaltung der künftigen Betriebsänderung und damit auf die gesetzlichen Beteiligungsrechte hinaus. Voraussetzung für einen Interessenausgleich ist vielmehr, dass bereits zu diesem Zeitpunkt die Planungen des Arbeitgebers so konkret sind, dass mit dem Betriebsrat darüber verhandelt werden kann, ob überhaupt, ggf. wann und in welcher Weise die vom Arbeitgeber geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll. Die bloße Möglichkeit einer Stilllegung bzw. entsprechender Entlassungen für den Fall, dass die Fortführung oder Veräußerung eines Betriebsteils nicht gelingt, genügt diesen Anforderungen an eine konkrete Betriebsänderung in der Regel nicht. Gegenstand der Beratung zwischen den Betriebspartnern über eine vom Unternehmer geplante Betriebsänderung und damit auch Inhalt eines möglichen Interessenausgleichs soll nicht nur die Frage sein, ob die Betriebsänderung überhaupt durchzuführen ist, sondern auch und gerade die Frage, ob die Betriebsänderung auch gegenüber den davon betroffenen Arbeitnehmern in einer Weise durchgeführt werden kann, dass diesen möglichst keine oder doch nur geringe wirtschaftliche Nachteile entstehen. Der Sozialplan, über den die Einigungsstelle nach § 112 Abs. 4 BetrVG bzw. § 112 Abs. 4 TV PV verbindlich entscheiden kann, knüpft vielmehr erst an diejenigen wirtschaftlichen Nachteile an, die den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern trotz einer möglichst schonungsvollen Durchführung der Betriebsänderung noch tatsächlich entstehen. Erstreckt sich die geplante Betriebsänderung über einen längeren Zeitraum und eine Vielzahl von Maßnahmen – Personalabbau, Stilllegung, sonstige Rationalisierungsmaßnahmen – , so kann ein Interessenausgleich auch zunächst nur einen Teil dieser Maßnahmen zum Inhalt haben, sich auf einzelne Stufen erstrecken.

LAG Köln, 12.06.2020 – Az: 7 TaBV 69/19

Die Wirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG treten nur ein, wenn die der Kündigung zugrunde liegende Betriebsänderung vollumfänglich Gegenstand einer Verständigung der Betriebsparteien iSv. § 111 Satz 1, § 112 BetrVG ist. Ein Interessenausgleich nur über Teile der Betriebsänderung reicht nicht aus.

BAG, 17.03.2016 – Az: 2 AZR 182/15

Der Europäische Gerichtshof hat sich nun mit Urteil vom 22.06.2017 – C 126/16 in einem Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Art. 3 bis 5 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen geäußert.

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=192065&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=159524

Im Ergebnis stellt der EuGH fest, dass die Richtlinie 2001/23 – und insbesondere ihr Art. 5 Abs. 1 – dahingehend auszulegen ist, dass der in den Art. 3 und 4 dieser Richtlinie gewährleistete Schutz der Arbeitnehmer in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens aufrechterhalten wird, in der der Übergang eines Unternehmens im Anschluss an eine Konkurseröffnung im Zusammenhang mit einem Pre-pack stattfindet, das vor der Konkurseröffnung vorbereitet und unmittelbar danach vollzogen wird und in dessen Rahmen u. a. ein von einem Gericht bestellter Verwalter in spe die Möglichkeiten für eine etwaige Fortführung der Tätigkeiten dieses Unternehmens durch einen Dritten prüft und sich darauf vorbereitet, kurz nach der Konkurseröffnung Handlungen vorzunehmen, um diese Fortführung zu verwirklichen, und dass es insoweit im Übrigen nicht darauf ankommt, dass dieses Pre-pack auch die Maximierung des Erlöses aus der Übertragung für die Gesamtheit der Gläubiger des in Rede stehenden Unternehmens zum Ziel hat.

Die im Falle von Unternehmensverkäufen grundsätzlich geltenden Arbeitnehmerschutzrechte können daher durch ein Pre-Pack nicht ohne weiteres ausgehöhlt werden.

Von Rechtsanwalt Knut Hanke, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Sozialrecht

Beschluss Az. 7 TaBVGa 1/15

LAG Hamm

17. Februar 2015

  1. Dem Betriebsrat steht im Zusammenhang mit Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch zu.
  2. Dieser Anspruch dient allein der Sicherung des Verhandlungsanspruchs (Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 19.06.2014, 7 TaBVGa 1219/14 juris).
  3. Ein Unterlassungsanspruch ist ausgeschlossen, wenn die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden ist (Anschluss an LAG Hamm, Beschluss v. 20.04.2012, 10 TaBVGa 3/12 juris).

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 05.02.2015 – 4 BVGa 1/15 – abgeändert und der Antrag des Betriebsrates abgewiesen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrates wegen der Ausgliederung einer Abteilung.

Antragsteller ist der im Jahre 2014 erstmals gewählte siebenköpfige Betriebsrat der Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin). Diese betreibt in W mit etwa 100 Beschäftigten ein Unternehmen, welches Absaug- und Filteranlagen produziert.

Die Arbeitgeberin verfügt über eine sogenannte Musterfertigung, in welcher Muster von einzelnen Komponenten oder ganzen Anlagen gefertigt werden, bevor diese in die Serienproduktion gehen. In dieser Abteilung werden insgesamt vier Mitarbeiter beschäftigt: ein Meister, der die Abteilung zugleich leitet, ein weiterer Mitarbeiter sowie zwei Auszubildende. Die Musterfertigung verfügt über einen Maschinenpark, der unter anderem aus Schweißgeräten, Hubwagen, Werkbank, Abkantpressen, Stanzen und anderen Gerätschaften besteht.

Mit Schreiben vom 09.01.2015 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber, dass sie die Schließung der Musterfertigung beabsichtige. Darüber hinaus teilte sie mit, dass beabsichtigt sei, die dortigen Betriebsmittel auf die Firma L GmbH in T zu übertragen. Gesellschafter der L sind die Geschäftsführer der Arbeitgeberin; der Geschäftsführer dort ist der Meister und Abteilungsleiter der Musterfertigung. Die Firma L verfügt über ein – so haben die Vertreter der Arbeitgeberin im Termin zur Verhandlung vor der Beschwerdekammer erklärt – angemietetes Betriebsgrundstück im ca. 17 Kilometer entfernten T in der Größe von 700 Quadratmetern, auf das der gesamte Maschinenpark der Musterfertigung verbracht werden soll. Im genannten Schreiben forderte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zu Verhandlung über einen Interessenausgleich und Sozialplan wegen der Ausgliederung der Musterfertigung auf. Ein Verhandlungstermin fand sodann am 26.01.2015 zwischen den Beteiligten statt; zuvor hatte die Arbeitgeberin den Entwurf eines Interessenausgleichs übermittelt. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde über die Aufnahme einer Inventar- und Personalliste in den Interessenausgleich gesprochen, wogegen die Arbeitgeberin keine Bedenken äußerte. Zu einer Einigung über den Inhalt eines Interessenausgleichs kam es am 26.01.2015 aufgrund anderweitiger Differenzen nicht.

Mit Vertrag vom 27.01.2015 verkaufte die Arbeitgeberin der Firma L die in der Musterfertigung befindlichen Maschinen und Geräte und übereignete sie. Den Kaufvertrag vom 27.01.2015 übersandte die Arbeitgeberin an den Betriebsrat mit Anschreiben vom 28.01.2015. In diesem Kaufvertrag ist unter anderem geregelt, dass die Arbeitgeberin sich verpflichtet, die Betriebsmittel bis zur Herausgabe an den Käufer kostenlos zu verwahren. Zugleich ist ihr ein vorläufiges Nutzungsrecht eingeräumt, wohingegen L das Recht hat, von der Arbeitgeberin jederzeit die Herausgabe der Betriebsmittel zu verlangen. Den Kaufvertrag übersandte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 28.01.2015 an den Betriebsrat und teilte darüber hinaus mit, dass die Arbeitgeberin vom Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs „zur Abspaltung unseres Betriebsteils „Musterfertigung“ ausgehe(n)“.

Wegen der Einzelheiten des Anschreibens wie auch des Kaufvertrages wird auf die Anlage AST3 zur Beschwerdebegründung Bezug genommen.

Mit Antragschrift vom 29.01.2015 beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Bocholt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Unterlassung der Übertragung der betrieblichen Leistungsmacht der „Musterabteilung“ auf die L GmbH.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass ein Unterlassungsanspruch bei einer geplanten Betriebsänderung gegeben sei, da nur auf dieser Art und Weise die Regelungen der §§ 111 BetrVG kollektivrechtlich gesichert werden könnten.

Da es sich bei der geplanten Ausgliederung der Musterfertigung um eine Betriebsänderung handele und die Arbeitgeberin jedenfalls nicht im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens den (weiteren) Versuch eines Interessenausgleichs unternommen habe, stünde dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zu. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass die Arbeitgeberin die Betriebsänderung für den 15.02.2015 plane.

Die Arbeitgeberin ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, im Bereich des § 111 BetrVG könne der Betriebsrat Unterlassung der Durchführung unternehmerischer Maßnahmen nicht verlangen. Doch selbst wenn man einen solchen Unterlassungsanspruch anerkennen würde, dürfe dieser nicht der Untersagung der Betriebsänderung selbst dienen. Die Eilbedürftigkeit sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die Arbeitgeberin nach wie vor verhandlungsbereit sei.

Mit Beschluss vom 05.02.2015, der Arbeitgeberin am 12.02.2015 zugestellt, hat das Arbeitsgericht dem Begehren des Betriebsrates stattgegeben und die Unterlassung der zum 15.02.2015 geplanten Abspaltung der Musterfertigung verfügt, bis ein Interessenausgleich vereinbart oder gescheitert ist. Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf den Beschluss vom 05.02.2015 verwiesen.

Noch am 05.02.2015 unterrichtete die Arbeitgeberin die in der Musterfertigung beschäftigten Arbeitnehmer darüber, dass sie nunmehr die betriebliche Leitungsmacht betreffend den Betriebsteil „Musterfertigung“ auf die L GmbH mit sofortiger Wirkung übertrage. Ebenso erfolgte eine Unterrichtung der Belegschaft hierüber noch am 05.02.2015 durch Aushang am Schwarzen Brett im Betrieb. Am Folgetag rief die Arbeitgeberin die Einigungsstelle zum Thema „Interessenausgleich zur Abspaltung des Betriebsteils Musterfertigung“ an, die indessen nicht einvernehmlich eingerichtet wurde, weshalb die Arbeitgeberin hierzu mit Schriftsatz vom 12.02.2015 den Antrag auf Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens beim Arbeitsgericht Bocholt gestellt hat.

Mit der vorliegenden, am 11.02.2015 um 16:17 Uhr beim Landesarbeitsgericht eingegangen und mit Schriftsatz vom 13.02.2015, am 13.02.2015 um 16:50 Uhr beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Beschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Abänderung und Abweisung der angegriffenen Entscheidung, hilfsweise die Einstellung bzw. Aussetzung der Zwangsvollstreckung.

Die Arbeitgeberin trägt vor:

Die Betriebsänderung in Form der Abspaltung der Musterfertigung sei durch Abschluss des Kaufvertrages vom 27.01.2015 durchgeführt worden, weshalb ein Verhandlungsanspruch des Betriebsrates hinsichtlich eines Interessenausgleichs nicht mehr gesichert werden könne. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen würde, so sei jedenfalls die Betriebsänderung als solche mit Übertragung der betrieblichen Leitungsmacht auf die L GmbH unter dem 05.02.2015 eine Zäsur, die einen etwaigen Verhandlungsanspruch des Betriebsrates quasi erledigt habe.

Der Erlass der einstweiligen Verfügung im Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht Bocholt am 05.02.2015 habe die Arbeitgeberin nicht an der Übertragung der Leitungsmacht gehindert, da zu diesem Zeitpunkt weder eine Zustellung, noch ein Vollzug der einstweiligen Verfügung erfolgt sei.

Vorsorglich bestreite die Arbeitgeberin die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten für das vorliegende Beschwerdeverfahren, wie auch eine ordnungsgemäße, zugrundeliegende Beschlussfassung des Betriebsrates.

Die Arbeitgeberin beantragt,

  1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 05.02.2015, Az.:4 BVGa 1/15auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
  2. die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 05.02.2015, 4 BVGa 1/15bis zur Entscheidung des LAG Hamm im Beschwerdeverfahren 7 TaBVGa 1/15einstweilen einzustellen.
  3. hilfsweise die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 05.02.2015, 4 BVGa 1/15bis zum Erlass der Entscheidung des LAG im Beschwerdeverfahren 7 TaBVGa 1/15einstweilen auszusetzen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

B.

  1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 87Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden gemäß § 87Abs. 2 i. V. m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO.
  2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist auch begründet, da dem Betriebsrat jedenfalls ein zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Beschwerdeinstanz noch zu sichernder Anspruch auf Durchführung von Interessenausgleichsverhandlungen nicht (mehr) zustand.
  3. Der Antrag des Betriebsrates ist zulässig. Er hat sein Begehren zu Recht imarbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verfolgt, da sämtliche Fragen im Zusammenhang mit Ansprüchen bei einer Betriebsänderung im Sinne des § 111BetrVG eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 2 aAbs. 1 Nr. 1 ArbGG darstellte. Ebenso ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren statthaft, § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.
  4. Ein Verfügungsanspruch im Sinne des § 85Abs. 2 ArbGG, 936940ZPO i. V. m. § 916 ff., 920 ZPO besteht zu Gunsten des Betriebsrates nicht.
  5. a) Allerdings hat das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend erkannt, dass ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrates im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Zwar wird die Frage eines solchen Anspruchs weder in der Rechtsprechung noch in der arbeitsrechtlichen Literatur einheitlich beantwortet; indessen gehen die zuständigen Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein solcher Anspruch jedenfalls zur Sicherung des Verhandlungsanspruches des Betriebsrates angenommen werden muss, da ansonsten die Rechte des Betriebsrates im Verfahren zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs gemäß § 112BetrVG leer laufen würden. Die Beschwerdekammer nimmt ausdrücklich Bezug auf die den Beteiligten bekannte Entscheidung des LAG Hamm vom 20.04.2012, 10 TaBVGa 3/12bei juris und den dort beschriebenen Meinungsstand in der Rechtsprechung und Literatur. Ergänzend sei angemerkt, dass den Vertretern der Auffassung, das Verhalten der Arbeitgeberseite bei Betriebsänderungen sei durch § 113 BetrVG (Nachteilsausgleich) hinreichend sanktioniert, entgegen zu halten ist, dass § 113 BetrVG einen individualrechtlichen Anspruch der jeweils betroffenen Beschäftigten auslöst, indessen keinen kollektivrechtlichen Bezug zu den Rechten des Betriebsrates im Verfahren gemäß § 111 BetrVG aufweist.
  6. b) Zum Inhalt und Umfang des Unterlassungsanspruchs ist die Beschwerdekammer der Auffassung, dass sich ein solcher Unterlassungsanspruch nicht gegen die Betriebsänderung selbst richten kann. Auch dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der zuständigen Beschwerdekammern des LAG Hamm -s.o.- (vgl. auch ausdrücklich LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.06.2014, 7 TaBVGa 1219/14). Denn die Durchführung einer Betriebsänderung gehört zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz der Arbeitgeberin, die aufgrund der verfassungsrechtlichenWertentscheidung in Art. 12und Art. 14GG, aus denen sich die unternehmerische Betätigungsfreiheit ableitet, der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist. Diese Bewertung entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit der Entscheidung vom 01.03.1979 zum MitbestG 1976 – u.a. 1 BvR 532/77 – (vgl. dort die Rdnrn. 98 und 99 bei juris; auch Orientierungssatz 4 a.E.: „Die Bestandsgarantie des GG Art. 14 Abs 1 S 1 fordert jedoch in jedem Fall die Erhaltung der Zuordnungsverhältnisse…“). Diese Wertentscheidungen hat der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes dadurch nachvollzogen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten auf Informations- und Beratungsrechte beschränkt sind (BVerfG aaO Rdnrn. 98 u. 99), wohingegen im Bereich der sozialen Mitbestimmung ein echtes, gleichwertiges Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. die Differenzierung in § 87 BetrVG und 106 BetrVG).
  7. c) Geht man nach alledem davon aus, dass ein Unterlassungsanspruch desBetriebsrates bei einer Betriebsänderung im Sinne des § 111BetrVG grundsätzlich besteht – dieser dann allerdings auf die Sicherung des Verhandlungsanspruches des Betriebsrates beschränkt ist – so kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen, nachdem die geplante Betriebsänderung bereits durchgeführt ist (ausdrücklich LAG Hamm, Beschluss vom 20.04.2012 aaO, juris Rdnr. 58).
  8. d) Der mit dem vorbezeichneten Inhalt grundsätzlich mögliche Anspruch desBetriebsrates auf Unterlassung im Zusammenhang mit der geplanten Ausgliederung der Musterfertigung ist nicht gegeben.
  9. aa) Allerdings gehen die Betriebspartner zutreffend davon aus, dass die Ausgliederung der Musterfertigung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111BetrVG darstellt, da es sich im Sinne des § 111 3 Nr. 3 BetrVG um die Spaltung einesBetriebes handelt. Die Beschwerdekammer nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich auf die zutreffenden Erwägungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug. Insbesondere folgt die Beschwerdekammer nicht der im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht (ErfK) zu § 111BetrVG Rdnr. 16 geäußerten Auffassung, wonach eine sogenannte Bagatellspaltung (d. h. z.B. die Abspaltung eines Betriebsteiles mit unter fünf Beschäftigten) keine Betriebsänderung darstellen soll. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch den Wortlaut des § 111 Satz 3 Ziff. 3 zum Ausdruck gebracht, dass jede Betriebsspaltung ausreicht. Einschränkungen, etwa durch Hinzufügung des Erfordernisses eines „wesentlichen“ Betriebsteils, enthält das Gesetz nicht (so auch Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rdnr. 102 a m.w.N.; offengelassen LAG Hamm, Beschluss v. 31.01.2014, 13 TaBV 114/13 juris).
  10. bb) Allerdings hat die Arbeitgeberin die Betriebsänderung in Sinne der vorbezeichneten Anforderungen bereits durchgeführt. Dabei konnte die Beschwerdekammer offen lassen, ob eine solche Durchführung der Betriebsänderung bereits durch Abschluss des Kaufvertrages mit der L GmbH am 27.01.2015 erfolgt ist – so die Auffassung der Arbeitgeberin. Jedenfalls ist die Abspaltung des Betriebsteils „Musterfertigung“ durch Übertragung der Leitungsmacht auf die L GmbH unter dem 05.02.2015 abschließend vollzogen worden.

Die Arbeitgeberin hat hiermit keinerlei Einfluss mehr auf die Organisation der Arbeit in der Musterfertigung, weder durch Ausübung des Direktionsrechtes, noch durch Einfluss auf die Nutzung der Maschinen. Ebenso ist sie vertraglich zur jederzeitigen Herausgabe des Maschinenparks an die L verpflichtet.

  1. cc) Auf die in der angegriffenen Entscheidung aufgeworfene Frage, zu welchem Zeitpunkt ggf. ein Teilbetriebsübergang i.S.d. § 613aBGB vollzogen ist, kam es demnach nicht weiter an.
  2. dd) Soweit der Betriebsrat im Termin zur Verhandlung vor der Beschwerdekammer dargelegt hat, jedenfalls könne der Betriebsrat eine vorläufige Verlagerung desMaschinenparks auf das Betriebsgelände der L GmbH in T verlangen, so würde ein solcher Unterlassungsanspruch die Betriebsänderung als solche betreffen und damit in die wirtschaftliche Entscheidung der Arbeitgeberin, die Maschinen und Geräte der Abteilung Musterfertigung an die L GmbH zu veräußern, unmittelbar eingreifen. Dass dies nicht möglich ist, ist bereits oben unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt worden.

III. Da mit dem vorliegenden Beschluss die angegriffene Entscheidung des Arbeitsgerichts Bocholt abgeändert und der Antrag des Betriebsrates abgewiesen wurde, bedurfte es einer Entscheidung über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zum Erlass des Beschlusses durch die erkennende Beschwerdekammer nicht mehr; der weiter gestellte Hilfsantrag ist ohnehin nicht zur Entscheidung angefallen.

Urteil Az. 2 AZR 773/10*

BAG

23. Februar 2012

  1. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Revision gem. § 561ZPO trotz der festgestellten Rechtsverletzung zurückzuweisen wäre. Die Kündigung vom 27. März 2009 ist nicht wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.
  2. Nicht nur das gänzliche Fehlen einer Anhörung, sondern auch eine fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats führt zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102Abs. 1 Satz 2 BetrVG (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10– Rn. 45, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 16. September 1993 – 2 AZR 267/93 – zu B II 2 b cc (1) der Gründe, BAGE 74, 185). Die Anhörung ist fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber seine Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsrat nicht ausreichend erfüllt. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungsentschluss hat er regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen nicht mit, weil er auf sie die Kündigung nicht stützen will, wird die Anhörung dadurch nicht fehlerhaft. In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber nur verwehrt, die fraglichen Gründe im Kündigungsschutzprozess nachzuschieben. Das gilt nicht für Tatsachen, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei der Anhörung zwar nicht mitgeteilt hat, die diesem aber bekannt sind (BAG 11. Dezember 2003 – 2 AZR 536/02 – zu II 3 der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 5; 27. Februar 1997 – 2 AZR 302/96 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 51). Was der Betriebsrat schon weiß, braucht ihm nicht mehr mitgeteilt zu werden (BAG 11. Dezember 2003 – 2 AZR 536/02 – aaO).
  3. Die Beklagte hat nicht gegen ihre Unterrichtungspflichten verstoßen. Zwar hat sie in ihrem Anhörungsschreiben vom 26. März 2009 den besonderen tariflichen Kündigungsschutz der Klägerin nicht ausdrücklich erwähnt. Dem Betriebsrat war dieser Schutz aber bekannt. Er ergab sich aus den Unterlagen zum Interessenausgleich und der Liste mit den Sozialdaten der Arbeitnehmer in der Altersgruppe der Klägerin. In dieser Liste waren das Lebensalter und die Beschäftigungsdauer der betreffenden Beschäftigten einschließlich der Klägerin aufgeführt. Der Betriebsrat wusste ferner, dass der MTV/EMTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fand und darin ein Sonderkündigungsschutz geregelt ist. Ob für die Beklagte insoweit eine entsprechende Pflicht zur Unterrichtung nach § 102Abs. 1 Satz 2 BetrVG überhaupt bestand, kann deshalb dahinstehen.

III. Das angefochtene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Ein Fall von § 563 Abs. 3 ZPO liegt mangels Entscheidungsreife nicht vor.

  1. Sind „andere zumutbare Arbeitsplätze“ iSv. § 20 Nr. 4 Satz 2 Halbs. 2 Spiegelstrich 2 MTV/EMTV zwar, wie dargelegt, nicht diejenigen, auf denen mit der Klägerin vergleichbare Arbeitnehmer aufgrund der durchgeführten Sozialauswahl weiterbeschäftigt werden, so steht doch nicht fest, ob es im Sinne der zutreffenden Lesart der tariflichen Bestimmung einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten gibt und die Kündigung aus diesem Grund gegen § 20 Nr. 4 Satz 1 MTV/EMTV verstößt. Dazu haben die Parteien nichts vorgetragen und hat das Landesarbeitsgericht Feststellungen nicht getroffen. Das Vorhandensein eines solchen Arbeitsplatzes ist gleichwohl nicht ausgeschlossen. Das Landesarbeitsgericht wird auf entsprechendes Vorbringen hinzuwirken und ggf. eigene Feststellungen zu treffen haben. Der Senat sieht mangels jeglichen Vortrags von Hinweisen dazu ab, unter welchen Voraussetzungen ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Tarifbestimmung „vorhanden“ und „zumutbar“ ist. Allerdings spricht vieles dafür, dass ein anderer Arbeitsplatz nur „vorhanden“ ist, wenn er auch frei und nicht schon besetzt ist. Es kann schwerlich angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien insoweit den Anwendungsbereich von § 1Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG haben erweitern wollen.
  2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass kein anderer zumutbarer Arbeitsplatz vorhanden war, bestand kein tariflicher Sonderkündigungsschutz zugunsten der Klägerin. Es wird dann zu prüfen haben, ob die Kündigung vom 27. März 2009 aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt ist.
  3. a) Ob sich die Beklagte für die soziale Rechtfertigung auf § 1 5 KSchG und einen zugrunde liegenden Interessenausgleich mit Namensliste stützen kann, was für den Prüfungsmaßstab von Bedeutung ist, wird das Landesarbeitsgericht im Einzelnen festzustellen und zu bewerten haben. Hinreichender Sachvortrag zu den formellen Voraussetzungen eines Interessenausgleichs mit Namensliste fehlt bisher.
  4. b) Ggf. wird das Landesarbeitsgericht sodann die Erfüllung der Auskunftspflicht der Beklagten nach § 1 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG näher aufzuklären und zu prüfen haben. Die Klägerin rügt zu Recht, die Beklagte habe ihr nicht die Sozialdaten sämtlicher vergleichbaren Arbeitnehmer mitgeteilt; ihr seien nur die Daten der 30 Personen aus ihrer eigenen Altersgruppe, nicht aber die aller anderen mechanischen Helfer und Helferinnen vorgelegt worden.
  5. aa) Nach § 1 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf Verlangen die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Er hat unter Angabe der relevanten Auswahlkriterien und der Bewertungsmaßstäbe im Besonderen Angaben darüber zu machen, welche Arbeitnehmer für ihn zum auswahlrelevanten Personenkreis gehört haben (BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82– zu III 2 a der Gründe, BAGE 42, 151; SPV/Preis Rn. 1133; ErfK/Oetker § 1 KSchG Rn. 339).
  6. bb) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten bisher nicht gerecht. Mit der Angabe der Sozialdaten allein der Arbeitnehmer aus der Altersgruppe der Klägerin kann diese die Korrektheit der Sozialauswahl nicht überprüfen. Ihr ist es insbesondere nicht möglich zu erkennen, ob sämtliche mechanischen Helfer berücksichtigt und den einzelnen Altersgruppen richtig zugeordnet wurden. Dies gilt um so mehr, als ihr auch das der Sozialauswahl zugrunde liegende Punkteschema erst in der Revisionsbegründung mitgeteilt wurde.

Kreft, Berger, Eylert, Claes, Wol

Beschluss Az. 6 TaBVGa 2/09

LAG Nürnberg

9. März 2009

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 30.01.2009, Az. 8 BVGa 4/09, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege einstweiliger Verfügung über die Verpflichtung mehrerer, einen gemeinsamen Betrieb führender Arbeitgeber zur Unterlassung von Kündigungen bis zum Abschluss oder Scheitern eines Interessenausgleichs.

Antragsteller und Beteiligter zu 1.) ist der für den von den Beteiligten zu 2.) bis 4.) geführten Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat. In diesem Betrieb werden nach Angaben des Beteiligten zu 1.) etwa 130 bis 140 Arbeitnehmer beschäftigt, etwa 30 davon im sog. „Housekeeping“.

Mit Schreiben vom 13.08.2008 (Anlage 4 zur Antragsschrift, Bl. 22 f. d.A.) fragte der Wirtschaftsausschuss unter anderem zum Thema „Ausgliederung“ nach einer Aufstellung der Arbeiten, die durch diese Fremdfirmen erledigt werden müssten. Die Beteiligte zu 2.) antwortete mit Schreiben vom 09.09.2008 (Anlage 3, ebenda, Bl. 20 ff. d.A.), dass „hinsichtlich der Ausgliederung der betroffenen Bereiche Hauskeeping und Haustechnik“ „diverse Unternehmen zur Abgabe eines Angebots gebeten“ worden seien. Es sei beabsichtigt, dass diese Firmen sämtliche Arbeiten erledigen sollten, die von Hauskeeping und Haustechnik übernommen bzw. erledigt würden. Mit Schreiben vom 24.09.2008 (Anlage 6, ebenda, Bl. 25 d.A.) teilten die Beteiligten zu 2.) bis 4.) mit, dass beabsichtigt sei, die Bereiche „Hauskeeping“ und Haustechnik auszugliedern, dass endgültige und konkrete Umsetzungspläne aber noch festständen. Mit Schreiben vom 23.01.2009 hörte die Beteiligte zu 2.) den Antragsteller zu acht beabsichtigten Kündigungen an. Als Begründung gab sie unter anderem jeweils folgendes an (Anlage 2 zur Antragsschrift, Bl. 12 ff. d.A.):

„Wie Ihnen bekannt ist, haben wir beschlossen, das Personal im Bereich Housekeeping sukzessive abzubauen und die Durchführung dieser Arbeiten einer Fremdfirma zu übertragen.“

Der Wirtschaftsausschuss bat die Beteiligten zu 2.) bis 4.) daraufhin um weitere Auskünfte. Mit Schreiben vom 26.01.2009 verlangte der Antragsteller die Aufnahme von Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs und – unter Androhung einer einstweiligen Verfügung – die Unterlassung des Ausspruchs von Kündigungen bis zum ernsthaften Versuch der Durchführung eines Interessenausgleichs (Anlage 10 zur Antragsschrift, Bl. 32 f. d.A.).

Mit am 28.01.2009 eingegangenem Antrag vom 27.01.2009 hat der Antragsteller geltend gemacht, er sei bisher nicht über die Ausgliederung des Bereiches Housekeeping informiert worden; erst recht hätten keine Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleiches stattgefunden. Selbst dem Wirtschaftsausschuss seien sehr unvollständige Informationen gegeben worden. Der Bereich Housekeeping sei mit ca. 30 Mitarbeitern ein zentraler Bestandteil des Betriebes. Bei der beabsichtigten Maßnahme handele es sich um eine Betriebsänderung. Beim Housekeeping handele es sich um eine wesentliche Tätigkeit im Hotelbereich. Dazu seien mehr als 20% der Gesamtbelegschaft betroffen. Es sei unerheblich, dass bisher nur zum Ausspruch von acht Kündigungen angehört worden sei, da ausdrücklich ausgeführt sei, dass das gesamte Personal des Bereichs Housekeeping sukzessive abgebaut werden solle. Es liege somit eine Betriebsänderung sowohl nach § 111 S. 3 Nr. 1 als auch nach § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG vor. Da bisher keine Verhandlungen über den Interessenausgleich stattgefunden hätten, bestehe ein Anspruch, den Beteiligten zu 2.) bis 4.), den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen zu untersagen. Ein entsprechender Beschluss zur gerichtlichen Geltendmachung dieses Anspruches sei von ihm, dem Antragsteller, gefasst worden. Der Antragsteller vertritt die Auffassung, er habe im Rahmen der Betriebsänderung nicht nur einen Verhandlungsanspruch, sondern auch einen Unterlassungsanspruch dahingehend, dass der Arbeitgeber die Durchführung der Betriebsänderung vorläufig insoweit unterlassen müsse, als der Verhandlungsanspruch nicht erfüllt sei. Dieser Unterlassungsanspruch sei nicht durch § 113 Abs. 3 BetrVG ausgeschlossen, weil diese Vorschrift nur eine individualrechtliche, keine Sanktion des kollektivrechtlichen Fehlverhaltens des Arbeitgebers enthalte. Der individualrechtliche Anspruch sei hierfür ungeeignet. Es hänge von den einzelnen Arbeitnehmern ab, ob sie ihre Rechte auf Zahlung eines Nachteilsausgleiches geltend machten; er, der Betriebsrat, sei hierdurch nicht abgesichert. Zudem bestehe der Unterrichtungs- und Beratungsanspruch schon zu einem Zeitpunkt, in dem noch nicht feststehe, ob überhaupt Nachteile für die Beschäftigten entständen. Aus diesem Grund werde ein Unterlassungsanspruch in der überwiegenden Rechtsprechung gewährt. Hierfür spreche auch eine richtlinienkonforme Auslegung der Richtlinie 2002/14/EG, deren Umsetzungsfrist seit 23.03.2005 verstrichen sei. Art. 8 dieser Richtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen vorzusehen und entsprechende Sanktionen vorzuhalten, die wirksam, angemessen und abschreckend seien. Diese Vorgaben würden durch den vom Verhalten der Arbeitnehmer abhängigen Nachteilsausgleichsanspruch nicht erfüllt. Ohne den Erlass der Verfügung müsse mit dem Ausspruch der geplanten Kündigungen gerechnet werden.

Der Beteiligte zu 1.) hat daher im Verfahren vor dem Arbeitsgericht zur Entscheidung im Wege einstweiliger Verfügung folgende Anträge gestellt:

1.Den Antragsgegnern wird untersagt, anlässlich des Personalabbaus im Bereich Housekeeping und der Auslagerung der entsprechenden Tätigkeiten an eine Fremdfirma betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, solange bis die Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleiches, einschließlich eines etwaigen Verfahrens vor der Einigungsstelle, abgeschlossen oder gescheitert sind.2.Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 wird ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,- € angedroht.Die Beteiligten zu 2.) bis 4.) waren im erstinstanzlichen Verfahren weder zur Anhörung erschienen noch vertreten.

Mit Beschluss vom 30.01.2009 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Beteiligten zu 2.) bis 4.) eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG geplant hätten. Selbst wenn dies als zutreffend unterstellt werde, bestehe kein Unterlassungsanspruch zum Ausspruch von Kündigungen. Das Bundesarbeitsgericht habe den allgemeinen Unterlassungsanspruch auf Verstöße des Arbeitgebers gegen Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG beschränkt mit der Begründung, in diesem Rahmen mitbestimmungspflichtige Maßnahmen dürfe der Arbeitgeber grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführen. Demgegenüber enthalte § 102 BetrVG hinsichtlich von Kündigungen eine abschließende Regelung. Schon aus diesem Grund komme, wie das LAG München betont habe, ein Anspruch auf Unterlassung von Kündigungen nicht in Betracht; insoweit sei ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gerade nicht gegeben. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum BetrVG 1972 sollten durch den Nachteilsausgleich auch die Einhaltung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats abgesichert werden. Der Antrag der Fraktion der PDS im Zuge der Reform des BetrVG 2001 auf Einführung eines solchen Unterlassungsanspruches sei von der Ausschuss- wie von der Bundestagsmehrheit abgelehnt worden; eine Regelungslücke könne daher nicht angenommen werden. Ein Anspruch auf Unterlassung von Kündigungen lasse sich auch nicht aus §§ 935938 ZPO herleiten. Die rechtlichen Ansprüche des Betriebsrats im Eilverfahren könnten nämlich nicht weiter gehen als jene im Hauptsacheverfahren. Eine entsprechende Unterlassungsverfügung würde im Ergebnis auch die spezielle Wertung des BetrVG unterlaufen, die dem Betriebsrat gerade nicht die Rechtsmacht verleihe, die Durchführung eine Betriebsänderung vorübergehend oder zeitweilig zu verhindern. Die Anerkennung eines Unterlassungsanspruchs lasse sich auch nicht aus Art. 8 der Richtlinie 2002/14/EG herleiten. Zum einen gebe es die Möglichkeit zur Durchsetzung der Informations- und Beratungspflicht mit Hilfe der Leistungsklage. Zum anderen sei der ursprüngliche Richtlinienentwurf, der vorgesehen habe, dass im Falle einer Verletzung der Informations- und Anhörungspflichten keine Rechtswirkungen für die Arbeitsverhältnisse beständen, nicht Gesetz geworden. Ob eine europarechtskonforme Auslegung der Richtlinie 98/59/EG einen Unterlassungsanspruch erfordere, könne dahinstehen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Massenentlassung nicht erkennbar seien.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist den Vertretern des Beteiligten zu 1.) ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 09.02.2009 zugestellt worden. Mit seiner am 10.02.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und begründeten Beschwerde hat der antragstellende Betriebsrat vorgetragen, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend beachtet, dass das Bundesarbeitsgericht den Unterlassungsanspruch nicht auf in § 87 BetrVG geregelte Mitbestimmungsrechte beschränkt habe. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung eines solchen Anspruches sei schon deswegen nicht erforderlich, weil sich ein solcher Anspruch als Nebenpflicht aus den Mitbestimmungsrechten ergebe. Es sollten sämtliche Mitbestimmungsrechte gesichert werden; daher sei es unerheblich, ob ein Mitbestimmungs- oder ein Verhandlungsanspruch verletzt werde. § 102 BetrVG enthalte eine abschließende Regelung nur für die Wirksamkeit von Kündigungen, habe mit der Sicherung des Anspruchs auf Beratung nach §§ 111112 BetrVG nichts zu tun. Die mangelnde Erzwingbarkeit des Interessenausgleichs stehe der Notwendigkeit, den Verhandlungsanspruch zu schützen, nicht entgegen. § 113 Abs. 3 BetrVG diene nur dem individualrechtlichen Schutz des Arbeitnehmers, nicht aber dem Schutz des Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats; zudem sei im Zeitpunkt des Verhandlungsanspruchs nicht sicher, ob überhaupt Nachteile entständen. Die Berufung auf den Willen des Gesetzgebers sei überholt, weil dieser Wille zeitlich vor Inkrafttreten der Richtlinie 2002/14/EG geäußert worden sei. Nunmehr müsse das Gesetz europarechtskonform ausgelegt werden. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie trenne zwischen Erzwingung der Einhaltung der Pflichten und der Sanktionierung eines Verstoßes. § 113 BetrVG ebenso wie die Strafvorschrift des § 121 BetrVG könnten nur begangene Verstöße sanktionieren, nicht aber die Beratungsrechte sichern. Gerade die Möglichkeit des Arbeitgebers, die Maßnahmen durchzuführen und Kündigungen auszusprechen, zeigten, dass ohne einen im Wege einstweiliger Verfügung durchsetzbaren Unterlassungsanspruch kein effektiver Rechtsschutz für den Betriebsrat gegeben sei. Weil der ursprünglich geplante Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie sich nur auf Rechtswirkungen der Maßnahmen beziehe, habe die unterlassene Aufnahme diesbezüglicher Regelung mit der Sicherung des Unterrichtungs- und Beratungsanspruches nichts zu tun. Schließlich lasse sich die Zulässigkeit aus § 122 Abs. 1 InsO ableiten, der ein Absehen von den Regelungen des § 112 Abs. 2 BetrVG unter bestimmten Voraussetzungen festlege – im Umkehrschluss seien solche Maßnahmen eben durchzuführen. Der Argumentation habe sich inzwischen auch das LAG München mit Beschluss vom 22.12.2008 angeschlossen.

Der Antragsteller hat daher in der Beschwerdeinstanz folgende Anträge gestellt:

1.Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 30.01.2009, Az. 8 BVGa 4/09, wird aufgehoben.2.Den Antragsgegnern wird untersagt, anlässlich des Personalabbaus im Bereich Housekeeping und der Auslagerung der entsprechenden Tätigkeiten an eine Fremdfirma betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, solange bis die Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleiches, einschließlich eines etwaigen Verfahrens vor der Einigungsstelle, abgeschlossen oder gescheitert sind.3.Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziff. 1 wird ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,- € angedroht.Die Beteiligten zu 2.) bis 4.) haben beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie haben erklärt, die Beteiligten zu 3.) und 4.) beschäftigten keine Mitarbeiter im Housekeeping; es sei nicht verständlich, warum sie zur Unterlassung von Kündigungen verurteilt werden sollten. Es hätten sowohl mit dem Wirtschaftsausschuss als auch mit dem Betriebsrat Gespräche über mögliche Fremdvergaben stattgefunden. Eine definitive Entscheidung über die Ausgliederung sei noch nicht getroffen worden. Die Beteiligte zu 2.) habe den Senioren im Wohnheim zugesagt, dass sie ihre speziell zugewiesenen Housekeeping-Kräfte behalten könnten. Aus diesem Grund sei lediglich beschlossen worden, diejenigen Arbeitskräfte, die mit dem Säubern von Hotelzimmern befasst seien, zu reduzieren und die Aufgabe teilweise an eine Fremdfirma zu vergeben. Es gehe dabei lediglich um fünf Kündigungen, insoweit sei der Beteiligten zu 2.) ein Versehen unterlaufen. Diese Kündigungen seien in der Zwischenzeit ausgesprochen worden. Die Voraussetzungen einer Anwendung des § 111 BetrVG sei daher nicht gegeben. Weitere Kündigungen oder Änderungen seien derzeit nicht beabsichtigt. Davon unabhängig sei die Entscheidung des Arbeitsgerichts in jeder Hinsicht zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 51 ff. d.A.), die Antragsschrift nebst Anlagen, die Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht und die zwischen den Beteiligten in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist nicht begründet. Ein Anspruch des Antragstellers auf Unterlassung von Kündigungen besteht, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, nicht. Die Beschwerdekammer folgt zunächst den ausführlichen und in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen des Arbeitsgerichts, denen sie sich anschließt, so dass auf eine erneute nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Nur ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf die in der Beschwerdeinstanz gewechselten Argumente der Beteiligten hinzuzufügen:

  1. Mit Recht rügen die Beteiligten zu 3.) und 4.), ein gegen sie gerichteter Anspruch entbehre jeder Grundlage. Zwar ist ein Unterlassungsanspruch, der sich gegen die Ausübung mitbestimmungswidrigen Verhaltens richtet, in der Regel gegen die Inhaber der Leitungsmacht im Gemeinschaftsbetrieb, also gegen sämtliche am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen zu richten (BAG vom 15.05.2007, 1 ABR 32/06). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn nur ein einziges Unternehmen handelt und von der Maßnahme betroffen ist. Da die Arbeitsverhältnisse im Gemeinschaftsbetrieb nicht von den am Betrieb beteiligten Unternehmen gemeinsam geführt werden, sondern als solches nur zum Vertragsarbeitgeber allein bestehen und bei diesem verbleiben, gilt diese Rechtsprechung für die Begründung solcher Arbeitsverhältnisse wie für die Lösung – oder wie beantragt, das Verbot zur Lösung – nicht. Nur der Vertragsarbeitgeber ist zur Kündigung befugt. Der Ausspruch von Kündigungen unterliegt gerade nicht der gemeinsamen Leitungsmacht. Nur dem Vertragsarbeitgeber kann der Ausspruch der Kündigung auch untersagt werden. Der Antragsteller hat trotz der entsprechenden Rüge der Beteiligten zu 3.) und 4.) in keiner Weise erklärt, warum diesen Beteiligten etwas untersagt werden soll, wozu sie rechtlich nicht in der Lage sind. Selbst wenn ein Verhandlungsanspruch mit dem Antragsteller gegeben sein sollte und selbst wenn dieser verletzt sein sollte – diejenige Handlung, die nunmehr untersagt werden soll, kann sich allein auf die Vertragsarbeitgeberin, hier also die Beteiligte zu 2.), beziehen. Soweit sich der Antrag auch gegen die Beteiligten zu 3.) und 4.) richtet, sind weder Verfügungsanspruch noch Verfügungsgrund erkennbar (ähnlich BAG vom 15.05.2007, a.a.O., unter Rn. 43; auch BAG vom 12.12.2006, 1 ABR 38/05für Verpflichtung zur Eingruppierung; anders BAG vom 29.09.2004, 1 ABR 39/03für die Aufhebung einer Versetzung mit der Begründung, der Vertragsarbeitgeber sei hierzu im Hinblick auf die gemeinschaftliche Leitung nicht ohne die Zustimmung der anderen beteiligten Unternehmer in der Lage; bei Kündigungen, die nicht den Einsatz im Gemeinschaftsbetrieb, sondern das Vertragsverhältnis als solches betreffen, gilt anderes).
  2. Der Antrag ist auch hinsichtlich der Beteiligten zu 2.) nicht begründet.
  3. Dies gilt zunächst schon deswegen, weil zumindest ein Verfügungsgrund nicht mehr erkennbar ist. Die Beteiligten zu 2.) bis 4.) haben erklärt, dass fünf der ursprünglich vorgesehenen acht Kündigungen ausgesprochen worden seien. Insoweit besteht kein Unterlassungsanspruch mehr; allenfalls käme ein Beseitigungsanspruch, bestehend in der Aufhebung dieser Kündigungen, in Betracht. Nach Durchführung derjenigen Maßnahmen, deren Verbot durchgesetzt werden soll, besteht für eine gerichtliche Verpflichtung zur Unterlassung kein Raum mehr (vgl. auch LAG Thüringen vom 23.11.2000, 1 TaBV 14/00, Folgeentscheidung zum Beschluss vom 26.09.2000, zitiert nach LAGE § 111BetrVG 1972 Nr. 17). Soweit weitere als die fünf ausgesprochenen Kündigungen möglicherweise geplant waren, besteht der Anspruch, der durch einstweilige Verfügung gesichert werden müsste, nicht mehr. Der Vertreter der Beteiligten zu 2.) bis 4.) hat erklärt – und an Eides Statt versichert –, dass über die bereits ausgesprochenen Kündigungen hinaus keine weiteren betriebsbedingten Kündigungen geplant seien. Er hat erklärt, zumindest derzeit werde die Fremdvergabe wegen der Bindung der Hausbewohner an ihr gewohntes Personal nicht verfolgt. Es ist in keiner Weise erkennbar, warum der Antragsteller sein Ziel, über die Fremdvergabe zu verhandeln bzw. einen Interessenausgleich zu versuchen, nicht über die Einigungsstelle oder im normalen Beschlussverfahren verfolgen kann. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag.

25b. Die Beschwerdekammer bleibt dabei, dass auch ein Verfügungsanspruch auf Unterlassung von Kündigungen selbst dann nicht besteht, wenn die Informations- und Verhandlungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111112 BetrVG vom Arbeitgeber verletzt werden (wie hier z.B. LAG Köln vom 27.05.2009, 2 TaBVGa 7/09; LAG Rheinland-Pfalz vom 30.03.2006, 11 TaBV 53/05; LAG Köln vom 30.03.2006, 2 Ta 145/06; LAG Düsseldorf vom 14.12.2005, 12 TaBV 60/05; LAG München vom 08.06.2005, 5 TaBV 46/05; LAG Sachsen-Anhalt vom 30.11.2004, 11 TaBV 18/04; LAG Rheinland-Pfalz vom 24.11.2004, 9 TaBV 29/04; a.A. etwa LAG München vom 22.12.2008, 6 TaBVGa 6/08; LAG Hamm vom 21.08.2008, 13 TaBVGa 16/08; LAG Hamm vom 30.07.2007, 10 TaBVGa 17/07; LAG Hessen vom 27.06.2007, 4 TaBVGa 137/07, allerdings nur zeitlich befristet; LAG Niedersachsen vom 04.05.2007, 17 TaBVGa 57/07).

  1. Ein solcher Anspruch ist im Gesetz selbst nicht vorgesehen. Der nach § 23Abs. 3 BetrVG vorgesehene Sanktionsanspruch setzt zur Verhängung der dort vorgesehenen Sanktionen eine „rechtskräftige“ Entscheidung der Arbeitsgerichte voraus; da einstweilige Verfügungen wegen der Möglichkeit, durch Widerspruch die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu erzwingen, nicht in Rechtskraft erwachsen, sind sie zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruches im Wege einstweiliger Verfügung, wie er vorliegend zur Entscheidung ansteht, nicht geeignet.
  2. Der Anspruch besteht nicht als sog. „allgemeiner Unterlassungsanspruch“ entsprechend der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 03.05.1994 (1 ABR 24/93). Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung derartige Unterlassungsansprüche des Betriebsrats ausdrücklich auf die Abwehr von Verletzungen der Betriebsratsrechte nach § 87BetrVG beschränkt. Es hat das Bestehen dieses Anspruches damit begründet, entweder der Unterlassungsanspruch bestehe als selbständiger Nebenleistungsanspruch unmittelbar aus § 87BetrVG oder er ergebe sich aus der besonderen Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die gerade bei § 87 BetrVG besonders ausgeprägt sei. Dort könne der Arbeitgeber Maßnahmen nur mit Zustimmung des Betriebsrats durchführen, so dass bei einem Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht eine betriebsverfassungswidrige Lage entstehe. Ob dies auch bei Verstößen gegen andere Mitbestimmungsrechte gelte, hat das BAG offen gelassen.
  3. Dagegen hat das Bundesarbeitsgerichts einen im Wege einstweiliger Verfügung erzwingbaren Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung der Demontage und des Abtransports von Maschinen mit dem Ziel, die sich aus einem abgeschlossenen Interessenausgleich ergebenden Pflichten des Arbeitgebers zu sichern, verneint (Beschluss vom 28.08.1991, 7 ABR 72/90). Es hat dies unter anderem damit begründet, auch ein abgeschlossener Interessenausgleich begründe keinen Anspruch des Betriebsrats auf dessen Einhaltung. Vielmehr enthalte das Gesetz insoweit in § 113BetrVG eine eigene und abgeschlossene Sanktionsregelung (ähnlich auch BAG vom 22.02.1983, 1 ABR 27/81unter B.II.5. der Gründe, zitiert nach juris, Rn. 40). Die Beschwerdekammer hält an dieser Auffassung für den Bereich der Verletzung der Informations- und Beratungsrechte des Arbeitgebers bei einer Betriebsänderung fest. Der im Bereich des § 87 BetrVG zu bejahende Unterlassungsanspruch soll den Arbeitgeber hindern, vorläufig vollendete Tatsachen zu schaffen, die er im Hinblick auf die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ohne dessen Zustimmung – oder die Regelung durch die Einigungsstelle – nicht durchführen darf. Dabei ist völlig offen, ob es ihm gelingt, die Zustimmung des Betriebsrats später zu gewinnen oder die geplante Regelung durch einen Spruch der Einigungsstelle zu erhalten. Die vom Arbeitgeber geplante Maßnahme darf also – im übrigen auch gegenüber dem Arbeitnehmer – nicht durchgeführt werden. Häufig – etwa bei Anordnung von Überstunden – würde der Arbeitgeber vollendete Tatsachen schaffen, die nicht mehr korrigierbar wären. Insoweit ist es konsequent, dass der Betriebsrat gegenüber bereits in die Wege geleitete Maßnahmen mit einem – auch im Wege einstweiliger Verfügung verfolgbaren – Beseitigungsanspruch vorgehen kann.

29Im Bereich der Mitbestimmungsrechte bei Betriebsänderungen ist dies anders. Der Arbeitgeber darf die geplanten Maßnahmen in jedem Fall durchführen. Der Betriebsrat hat zwar einen Informations- und Beratungsanspruch. Führt der Arbeitgeber die Betriebsänderung aber unter Verletzung dieses Anspruches durch, spricht er etwa Kündigungen ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats aus, dann bleiben diese Kündigungen nach ausdrücklicher Wertentscheidung des Gesetzgebers (vgl. § 113 Abs. 3 BetrVG) wirksam. Selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Vorschriften zur Beteiligung des Betriebsrats einhält und einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat abschließt, dieses Verhandlungsergebnis aber nicht einhält und entgegen den getroffenen Absprachen Kündigungen ausspricht, bleiben diese wirksam: Nach der Entscheidung des Gesetzgebers erhalten die betroffenen Arbeitnehmer lediglich einen Nachteilsausgleich (§ 113 Abs. 1 BetrVG). Dieser Nachteilsausgleich gründet sich darauf, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Es widerspräche der gesetzlichen Systematik, die bewusst die Gültigkeit der unter Verletzung der Mitbestimmungsrechte nach §§ 111112 BetrVG ausgesprochenen Kündigungen anordnet, wollte man gestatten, dass diese im Individualverhältnis gültigen Maßnahmen vor ihrer Verwirklichung verboten werden. Es stellte einen Wertungswiderspruch dar, würde man ein Informations- und Beratungsrecht des Betriebsrats, das zur Verfolgung und Sicherung der Rechte der Belegschaft besteht, in weiterem Umfang absichern als ein mögliches Verhandlungsergebnis.

Hinzu kommt: Wenn der Anspruch auf Unterlassung sogar hinsichtlich der Abweichung des Arbeitgebers von einem mit dem Betriebsrat erzielten Verhandlungsergebnis zu verneinen ist (vgl. § 113 Abs. 1 BetrVG und oben; hier entsteht doch ein eigenes subjektives Recht des Betriebsrats zumindest aus der mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung), dann muss dies erst recht hinsichtlich von Maßnahmen gelten, zu denen sich der Arbeitgeber nicht verpflichtet hat. Ansonsten wäre der Verhandlungsanspruch in weiterem Maß geschützt als das Verhandlungsergebnis. Dies kann in keiner Weise überzeugen.

  1. Ein weiterer Wertungswiderspruch, würde man den Unterlassungsanspruch gewähren, bestände darin, dass auch die Befürworter eines Unterlassungsanspruches einen Beseitigungsanspruch aus Rechtsgründen nicht vertreten. Dieser Anspruch müsste dann auf Rücknahme von ausgesprochenen Kündigungen gerichtet sein. Dies kommt – die Kündigungen sind gemäß § 113Abs. 3 und Abs. 1 BetrVG als wirksam anzusehen – ersichtlich nicht in Betracht. Der Unterlassungsanspruch könnte daher das Informations- und Beratungsrecht des Betriebsrats nur so lange schützen, solange Kündigungen nicht ausgesprochen sind. Spricht der Arbeitgeber die Kündigungen vor Beendigung des Verfahrens aus, hat sich dieses erledigt; die Unterlassungsverpflichtung besteht nicht mehr. Besonders deutlich wird dies im Fall des LAG Thüringen (Az. 1 TaBV 14/00: Beschluss vom 26.09.2000 einerseits, vom 23.11.2000 andererseits). Der Arbeitgeber könnte also dem geltend gemachten Anspruch durch Durchführung der konkreten Maßnahme ohne jede nachteilige Folgen den Boden entziehen. Mit Recht führt das Arbeitsgericht aus, dass die Verletzung des Informations- und Beratungsrechts durch den Arbeitgeber nicht sanktionslos bleibt. Diese Sanktion besteht allerdings – anders als bei Maßnahmen, die wegen dieser Verletzung unwirksam wären, wie in § 102Abs. 1 S. 3 BetrVG angeordnet oder insbesondere im Bereich des § 87 BetrVG durch die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung anerkannt – gerade nicht in der Unwirksamkeit der beabsichtigten Maßnahme. Die vom Antragsteller vertretene Auffassung würde bedeuten, dass eine Maßnahme untersagt würde, die einerseits nicht verhindert werden kann, weil nur ein Verhandlungs-, aber kein Zustimmungserfordernis besteht, die andererseits im Fall der Durchführung rechtswirksam ist und bleibt. Eine solch weitgehende und widersprüchliche Sicherung des Verhandlungsanspruches ist der Rechtsordnung fremd – unabhängig davon, dass eine Sanktion in der Sekundäransprüche gewährenden Regelung des § 113 BetrVG und den Strafnormen des § 121 BGB vom Gesetzgeber vorgesehen ist.

32g. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auf die Intentionen des nationalen Gesetzgebers und die Ablehnung des Antrags der Fraktion der PDS hingewiesen. Es erscheint als notwendig, dass eine derart gravierende Einschränkung der Rechte des Arbeitgebers im Kernbereich seines unternehmerischen Handelns durch eine gesetzliche Regelung erfolgen muss; dies gilt um so mehr, wenn der Gesetzgeber trotz entsprechender Anträge im Bundestag und trotz Kenntnis von der seit Jahren umstrittenen Rechtslage die Einführung eines solchen Anspruchs ablehnt.

33h. Entgegen der Ansicht des Antragstellers erfordert auch die Richtlinie 2002/14/EG keine anderweitige – europarechtskonforme – Auslegung. Zunächst sind mit dem im Wege einstweiliger Verfügung durchsetzbaren Informations- und Verhandlungsanspruch ausreichende Gerichtsverfahren vorhanden, mit deren Hilfe „die Erfüllung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann“ (Art. 8 Abs. 1 2002/14/EG). Soweit vertreten wird, dieser Erfüllungsanspruch müsse mit Hilfe der einstweiligen Verfügung gesichert werden (so Fauser/Nacken NZA 2006, 1126, 1142), verlangt Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie dies gerade nicht. Im übrigen gilt auch hier: Warum sollte ein geltend gemachter Erfüllungsanspruch, der voraussetzt, dass der Betriebsrat die Notwendigkeit der Information und Beratung erkennt, stärker geschützt sein als ein von vornherein missachteter Beteiligungsanspruch?

Soweit Art. 8 Abs. 2 „angemessene Sanktionen“ vorschreibt, „die im Falle eines Verstoßes gegen diese Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter Anwendung finden“, wobei diese „wirksam, angemessen und abschreckend“ sein müssen, ist auch dies gewährleistet. Die Richtlinie schreibt nämlich nicht vor, worin diese Sanktionen liegen sollen. Es ist der Beschwerdekammer nicht ersichtlich, warum die im Hinblick auf die Verletzung der genannten Rechte in den nach § 113 BetrVG vorgesehenen Abfindungen für die betroffenen Arbeitnehmer und in den Strafvorschriften des § 121 BetrVG gesetzlich vorgesehenen Sanktionen nicht wirksam, angemessen und abschreckend sein sollen. Auch der Unterlassungsanspruch führt im übrigen dann, wenn der Arbeitgeber die Kündigungen rechtzeitig vor Erlass der einstweiligen Verfügung in erster oder zweiter Instanz ausspricht, nicht zu den vom Antragsteller verlangten Sanktionen. Im übrigen überzeugt die Argumentation, es könne sein, dass die betroffenen Arbeitnehmer keine Nachteile hätten, nicht. Zwar müsste in einem solchen Fall auch über den Interessenausgleich verhandelt werden; das mit den Verhandlungen erstrebte Ziel, die Entstehung von Nachteilen für die Arbeitnehmer zu verhindern, wäre aber ohne die Verhandlungen verwirklicht. Der Schutz des Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats wäre reiner Selbstzweck; ein solcher ist gesetzlich nicht schützenswert. Wenn aber Nachteile entstehen, ist nicht erkennbar, was die – in der Regel gekündigten – Arbeitnehmer hindern sollte, diese Nachteile gerichtlich geltend zu machen. Zudem besteht die Möglichkeit des Betriebsrats, die betroffenen Arbeitnehmer auf diese Rechte hinzuweisen. Ein Grundsatz des Inhalts, dass Sanktionen nur oder auch von demjenigen angestoßen werden können, dessen Rechte verletzt sind, ist der Richtlinie nicht zu entnehmen.

  1. Der Hinweis des Antragstellers auf die Regelung in § 122InsO führt nicht weiter. Diese Regelung zeigt im Umkehrschluss lediglich, dass die Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung des Anhörungs- und Beratungsverfahrens nach §§ 111112BetrVG besteht. Dies ist jedoch unbestritten und ergibt sich aus dem Gesetz. Für die Folgen bei Verletzung der Mitwirkungspflichten des Betriebsrats besagt § 122 InsO ebenso wenig wie ein hierzu gezogener Umkehrschluss.
  2. Die Auffassung, dass sich ein Anspruch aus der Regelungsbefugnis der Gerichte nach §§ 935940ZPO zur einstweiligen Befriedung eines streitigen Rechtsverhältnisses ergeben soll, ist ebenfalls abzulehnen. Zwar ist den Gerichten eine solche Regelung möglich. Dies gilt jedoch nur dann, wenn wenigstens grundsätzlich ein materieller Anspruch auf Durchsetzung der entsprechenden Rechtslage in Betracht kommt. Besteht jedoch schon kein Unterlassungsanspruch, dann kann nicht ein – möglicherweise auf einen bestimmten Zeitraum beschränktes – inhaltlich einem Unterlassungsanspruch gleichkommendes Ergebnis über eine einstweilige Verfügung gewährt werden. Es entstünde ein unauflösbarer Wertungswiderspruch (zum Ganzen zutreffend auch Oetker in Gemeinschaftskommentar zum BetrVG, 8. Aufl. 2005, § 111 Rn. 189 ff., insbes. Rn. 193).

3. Nach alldem besteht der vom Betriebsrat geltend gemachte Anspruch nicht. Auf die Frage, ob der Antrag nicht zu weitgehend ist, weil er auch Kündigungen in diesem Bereich erfasst, die nichts mit der Auslagerung an eine Fremdfirma zu tun haben, hat das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden. Die Beschwerde ist zurückzuweisen.

Beschluss Az. 10 TaBVGa 3/12*

LAG Hamm

20. April 2012

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 07.02.2012 – 2 BVGa 1/12 – wird zurückgewiesen.

Gründe

Der antragstellende Betriebsrat macht im vorliegenden Verfahren im Wege der einstweiligen Verfügung Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit einer angeblichen Betriebsänderung geltend.

Die Arbeitgeberin führt in ihrem Betrieb, einem Messe- und Kongresszentrum, Veranstaltungen durch und beschäftigt zurzeit ca. 46 Mitarbeiter und 12 Auszubildende. Ihr Betrieb ist in sieben Bereiche unterteilt. Der Bereich Technik wurde bisher vom Mitarbeiter B1 geleitet. Neben Herrn B1 sind zurzeit im Bereich Technik drei weitere Elektrotechniker sowie sechs Haustechniker beschäftigt. Ferner werden in diesem Bereich zwei Auszubildende ausgebildet.

Im Betrieb der Arbeitgeberin ist ein Betriebsrat aus fünf Personen gebildet.

Am 06.01.2012 fasste die Arbeitgeberin den Entschluss, den Bereich Technik dergestalt zu ändern, dass die Aufgaben des Leiters, Herrn B1, mit Wirkung zum 01.02.2012 auf andere Personen bzw. externe Anbieter übertragen werden sollten.

Mit Schreiben vom 20.01.2012 (Bl. 21 ff d.A.) hörte die Arbeitgeberin den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Herrn B1 nach § 102 BetrVG an. In diesem Schreiben vom 20.01.2012 schilderte die Arbeitgeberin ausführliche die Verteilung der bisher von Herrn B1 wahrgenommenen Aufgaben auf andere Mitarbeiter des Unternehmens sowie auf externe Anbieter, insbesondere die Firma D1. Auf den genauen Inhalt des Anhörungsschreibens vom 20.01.2012 (Bl. 21 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.01.2012 (Bl. 103 ff d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung und stützte den Widerspruch insbesondere auf § 102 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 BetrVG. Auf den Inhalt des Widerspruchsschreibens vom 27.01.2012 wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.01.2012 (Bl. 86 d.A.) kündigte die Arbeitgeberin das mit dem Mitarbeiter B1 bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zum 30.06.2012. Gleichzeitig wurde Herr B1 unter Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen ab dem 01.02.2012 freigestellt. Das Kündigungsschreiben vom 30.01.2012 ging dem Mitarbeiter B1 am 31.01.2012 zu.

Mit dem am 30.01.2012 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung von weiteren Kündigungen, Änderungskündigungen und Versetzungen sowie die Unterlassung der Übertragung von Aufgaben auf die Firma D1 bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich geltend.

Unter Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen vom 30.01.2012 (Bl. 25, 26 d.A.) hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, bei den geplanten Änderungen im Bereich Technik handele es sich um eine interessenausgleichs- und sozialplanpflichtige Maßnahme. Es liege insbesondere eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG, nämlich eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation vor, weil im Bereich Technik grundlegende Änderungen vorgenommen würden. Die Übertragung wesentlicher Aufgaben auf externe Anbieter führe im Bereich Technik zu einem erheblichen Wegfall von Tätigkeiten, die bislang von der Arbeitgeberin durchgeführt worden seien. Eine Änderung der Betriebsorganisation liege auch vor, wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt werde. Bei den von der Arbeitgeberin geplanten organisatorischen Maßnahmen sei der gesamte Bereich Technik, ein wesentlicher Betriebsteil der Arbeitgeberin, betroffen. Im Bereich Technik würden derzeit zehn Arbeitnehmer beschäftigt, so dass auch die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG überschritten seien. Von den organisatorischen Änderungen seien sämtliche Mitarbeiter des Bereichs Technik betroffen, da sie neue Vorgesetzte erhielten.

Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Umsetzung der geplanten Maßnahme möglich und durchführbar sei. Sowohl die Geschäftsführerin der Arbeitgeberin wie auch der Prokurist, Herr Ö1, seien in ausreichender Weise ausgelastet.

Durch die von der Arbeitgeberin geplante Maßnahme werde auch ein Großteil der bisher von den Mitarbeiterin im Bereich Technik wahrgenommenen Aufgaben entfallen und auf die Firma D1 übertragen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der Arbeitgeberin zu untersagen, Kündigungen, Änderungskündigungen oder Versetzungen von Mitarbeiterin im Zusammenhang mit der geplanten Umorganisation des Bereichs Technik vorzunehmen ( soweit nicht leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG betroffen sind), bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich, notfalls in der Einigungsstelle, abgeschlossen sind, hilfsweise höchstens bis zum Ablauf des 30.06.2012,

der Arbeitgeberin zu untersagen, organisatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit der geplanten Umorganisation des geplanten Technik vorzunehmen und aufrechtzuerhalten, insbesondere die Position des Leiters Technik abzuschaffen und die von diesem bislang wahrgenommenen Aufgaben dauerhaft auf die Geschäftsleitung oder andere Arbeitnehmer zu übertragen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich, notfalls in der Einigungsstelle, abgeschlossen sind, hilfsweise höchstens bis zum Ablauf des 30.06.2012,

der Arbeitgeberin zu untersagen, die technische Veranstaltungsplanung und -organisation, die Disposition und Koordination der Dienstleister, die Teilnahme an Absprachemeetings mit Kunden und Projektleitern, die Kontrolle der ordnungsgemäßen Ausführung der Arbeiten, die Übergabe der spielfertigen Räume, die Sicherung der Qualität der zu erbringenden Leistungen, die Kontrolle der veranstaltungsbezogenen Rechnungen, die Sicherstellung der Einhaltung aller Vorschriften, die Erfüllung S- Bau-Verordnung (VstättVO), die Teilnahme an Koordinations- und Informationsmeetings, die Kontrolle und Optimierung des wirtschaftlichen Einsatzes der technischen Ressourcen sowie die Bedarfsanalyse und Angebotseinholung auf den externen Dienstleister „D1 Kontor für Projektmanagement“ aus Bremen oder einen anderen Dienstleister zu übertragen und von diesem durchführen zu lassen, bis die Verhandlung über einen Interessenausgleich, notfalls in der Einigungsstelle, abgeschlossen sind, hilfsweise höchstens bis zum Ablauf des 30.06.2012,

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus Ziffern 1 bis 3 ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihrer Geschäftsführerin vom 03.02.2012 (Bl. 87 ff d.A.) hat sie die Auffassung vertreten, dass dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch schon deshalb nicht mehr zustehe, weil die angebliche Betriebsänderung zum 01.02.2012 bereits durchgeführt worden sei. Der Unterlassungsanspruch gehe ins Leere. Der Mitarbeiter B1 sei inzwischen gekündigt, die weiteren von der Arbeitgeberin beabsichtigten Maßnahmen, die der Betriebsrat als Betriebsänderung ansehe, seien bereits zum 01.02.2012 durchgeführt worden.

Im Übrigen liege eine wesentliche Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG nicht vor. Insbesondere werde die Betriebsorganisation nicht grundlegend geändert. Die Umverteilung der bisher vom Mitarbeiter B1 wahrgenommenen Aufgaben stelle keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation dar. Die Tätigkeiten sämtlicher im Bereich Technik beschäftigten Mitarbeiter, der drei Elektrotechniker und der sechs Haustechniker, würden nicht geändert und blieben in vollem Umfang bestehen. Lediglich die Aufgaben des Mitarbeiters B1 seien umverteilt worden. Der Austausch und die Verteilung von Verantwortlichkeiten für den Bereich Technik ändere nichts an der organisatorischen Bedeutung des Bereichs Technik. Die Arbeitgeberin habe lediglich die Aufgaben des Herrn B1 umverteilt, nicht aber die Aufgaben der anderen im Bereich Technik beschäftigten Mitarbeiter. Die Firma D1 aus Bremen übernehme lediglich Aufgaben des Herrn B1, nicht aber die Aufgaben der anderen Mitarbeiter. Den Mitarbeitern im Bereich Technik werde auch in Zukunft ein sog. Veranstaltungsdienst für eine bestimmte Veranstaltung übertragen. An den bisherigen Aufgaben der Mitarbeiter des Bereichs Technik ändere sich nichts.

Auch eine Stilllegung eines wesentlichen Betriebsteils der Arbeitgeberin sei in keiner Weise gegeben.

Durch Beschluss vom 07.02.2012 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass einem Betriebsrat zwar grundsätzlich auch bei einer beabsichtigten Betriebsänderung ein Unterlassungsanspruch zustehen könne. Dies gelte aber dann nicht mehr, wenn die unternehmerische Maßnahme bereits durchgesetzt und umgesetzt worden sei. In einem derartigen Fall sei für eine Beratung mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und für einen Unterlassungsanspruch kein Raum mehr. Im Übrigen liege auch keine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG vor, weil allein die Aufgaben des Leiters des Bereichs Technik umverteilt worden seien. Hierin liege keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation. Es sei nicht erkennbar, dass sich an der Arbeitsweise und den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter des Bereichs Technik grundlegende Änderungen ergäben.

Gegen den dem Betriebsrat am 14.02.2012 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 20.02.2012 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens ist der Betriebsrat weiter der Auffassung, dass ihm der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe.

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die organisatorische Maßnahme bereits umgesetzt worden sei. Der Antrag sei beim Arbeitsgericht bereits am 30.01.2012 gegen 16.30 Uhr eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei eine Umsetzung der arbeitgeberseitigen Maßnahmen noch nicht erfolgt. Insoweit bestreitet der Betriebsrat, dass tatsächliche sämtliche im Antrag zu 3. Genannten Tätigkeiten vollständig auf den externen Dienstleister, die Firma D1, übertragen worden seien.

Auch soweit die Arbeitgeberin behaupte, für die übrigen Mitarbeiter des Bereichs Technik ändere sich nichts, könne ihr nicht gefolgt werden. Die Arbeitgeberin habe nämlich im Anhörungsschreiben an den Betriebsrat vom 20.01.2012 u.a. folgendes ausgeführt:

„Diese Aufgaben entfallen in Gänze, da diese ab dem 01.02.2012 durch die Fa. D1 übernommen und verantwortet werden sollen.“

Auch vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin ihre unternehmerische Entscheidung bislang jedenfalls nicht vollständig umgesetzt habe.

Der Betriebsrat ist weiter der Auffassung, es liege eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG vor. Die Arbeitgeberin beabsichtige die Durchführung zahlreicher Organisationsmaßnahmen, die sie im Anhörungsschreiben vom 20.01.2012 bereits aufgeführt habe. Vor dem Hintergrund der Ausführungen der Arbeitgeberin im Anhörungsschreiben vom 20.01.2012 sei davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin die im einzelnen aufgeführten Maßnahmen, die bislang von den Mitarbeitern des Bereichs Technik wahrgenommen worden seien, auf den extern Dienstleister, die Firma D1, zu übertragen beabsichtige. Die unternehmerische Entscheidung der Arbeitgeberin führe zu einer erheblichen Veränderung der bisherigen Strukturen und Arbeitsabläufe, weil ein externer Dienstleister nicht in die betriebliche Struktur eingebunden sei und der Firma D1 auch keinerlei Direktionsrecht hinsichtlich der Mitarbeiter der Arbeitgeberin zustehe.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 07.02.2012 – 2 BVGa 1/12 – abzuändern und

der Arbeitgeberin zu untersagen, Kündigungen, Änderungskündigungen oder Versetzungen von Mitarbeiterin im Zusammenhang mit der geplanten Umorganisation des Bereichs Technik vorzunehmen ( soweit nicht leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG betroffen sind), bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich, notfalls in der Einigungsstelle, abgeschlossen sind, hilfsweise höchstens bis zum Ablauf des 30.06.2012,

der Arbeitgeberin zu untersagen, organisatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit der geplanten Umorganisation des geplanten Technik vorzunehmen und aufrechtzuerhalten, insbesondere die Position des Leiters Technik abzuschaffen und die von diesem bislang wahrgenommenen Aufgaben dauerhaft auf die Geschäftsleitung oder andere Arbeitnehmer zu übertragen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich, notfalls in der Einigungsstelle, abgeschlossen sind, hilfsweise höchstens bis zum Ablauf des 30.06.2012,

der Arbeitgeberin zu untersagen, die technische Veranstaltungsplanung und -organisation, die Disposition und Koordination der Dienstleister, die Teilnahme an Absprachemeetings mit Kunden und Projektleitern, die Kontrolle der ordnungsgemäßen Ausführung der Arbeiten, die Übergabe der spielfertigen Räume, die Sicherung der Qualität der zu erbringenden Leistungen, die Kontrolle der veranstaltungsbezogenen Rechnungen, die Sicherstellung der Einhaltung aller Vorschriften, die Erfüllung S- Bau-Verordnung (VstättVO), die Teilnahme an Koordinations- und Informationsmeetings, die Kontrolle und Optimierung des wirtschaftlichen Einsatzes der technischen Ressourcen sowie die Bedarfsanalyse und Angebotseinholung auf den externen Dienstleister „D1 Kontor für Projektmanagement“ aus Bremen oder einen anderen Dienstleister zu übertragen und von diesem durchführen zu lassen, bis die Verhandlung über einen Interessenausgleich, notfalls in der Einigungsstelle, abgeschlossen sind, hilfsweise höchstens bis zum Ablauf des 30.06.2012,

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus Ziffern 1 bis 3 ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und ist der Auffassung, ein Unterlassungsanspruch zugunsten des Betriebsrats sei nicht gegeben. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die unternehmerische Maßnahme bereits durchgeführt sei und etwaige Verhandlungen über einen Interessenausgleich ins Leere gingen. Das Arbeitsgericht sei in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass die unternehmerische Maßnahme, die Umverteilung der Aufgaben des Mitarbeiters B1 und dessen Kündigung, bereits umgesetzt worden sei. Dies ergebe sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin vom 03.02.2012. Über die beabsichtigte organisatorische Maßnahme sei der Betriebsrat bereits am 20.01.2012 unterrichtet worden. Bereits seit diesem Zeitpunkt habe der Betriebsrat gewusst, dass die Maßnahme zum 01.02.2012 umgesetzt werden sollte.

Der Betriebsrat könne auch nicht bestreiten, dass die in der eidesstattlichen Versicherung genannten Tätigkeiten inzwischen vollständig auf die Firma D1 übertragen worden seien. Der Betriebsrat habe Gegenteiliges auch nicht glaubhaft gemacht. Sämtliche Aufgaben des Herrn B1 seien zum 01.02.2012 umverteilt worden.

Von der Arbeitgeberin sei auch im einzelnen vorgetragen und glaubhaft gemacht worden, dass durch die Umverteilung der Aufgaben des Herrn B1 die Beschäftigungsmöglichkeit für die übrigen Mitarbeiter des Servicebereichs Technik nicht und auch nicht teilweise wegfielen. Deren Aufgaben blieben bestehen, an ihren Tätigkeiten ändere sich nichts. Auch dies sei durch die eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin vom 03.02.2012 glaubhaft gemacht worden. Die bisherigen Aufgaben der Mitarbeiter des Bereichs Technik seien von der Umverteilung der Aufgaben des Herrn B1 in keiner Weise betroffen. Ihre Aufgaben blieben nach wie vor bei der Arbeitgeberin bestehen und seien von der unternehmerischen Entscheidung, die Aufgaben des Herrn B1 umzuverteilen, nicht betroffen. Etwas Gegenteiliges sei auch vom Betriebsrat nicht glaubhaft gemacht worden.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat die Unterlassungsanträge des Betriebsrats zu Recht abgewiesen.

  1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann nicht bereits mit der Begründung abgewiesen werden, dass dem Betriebsrat grundsätzlich kein Anspruch auf Unterlassung von mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zusteht, auch wenn ein Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 111BetrVG verletzt.

Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch einer auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt, ist zwar in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und in der arbeitsrechtlichen Literatur nach wie vor außerordentlich streitig. Während einerseits vertreten wird, dass ein Verfügungsanspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung nicht besteht (LAG Schleswig-Holstein 13.01.1992 – 4 TaBV 54/91 – LAGE § 111 BetrVG 1972 Nr. 11; LAG Düsseldorf 19.11.1996 – 8 TaBV 80/96 – LAGE BetrVG 1972, § 111 Nr. 14 = NZA-RR 1997, 297; LAG Hamm 01.04.1997 – 13 TaBV 34/97 – NZA-RR 1997, 343; LAG München 24.09.2003 – 5 TaBV 48/03 – NZA-RR 2004, 536; LAG Köln 30.04.2004 – 5 Ta 166/04 – NZA-RR 2005, 199; LAG München 28.06.2005 – 5 TaBV 46/05 – ArbRB 2006, 78; LAG Nürnberg 09.03.2009 – 6 TaBVGa 2/09 – ZTR 2009, 544 = BB 2009, 1917; Baur, DB 1994, 224; Richardi/Annuß, BetrVG, 13. Aufl., § 111 Rn. 166 f; ErfK/Kania, 12. Aufl., § 111 BetrVG Rn. 27; Hohenstatt, NZA 1998, 846; Neef, NZA 1997, 68; Raab, ZfA 1997, 183, 246 ff; Lipinski/Reinhardt, NZA 2009, 1184; Bauer/Krieger, BB 2010, 53 m.w.N.), steht die Gegenmeinung auf dem Standpunkt, dass dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zusteht. Dieser Anspruch kann bei Vorliegen eines Verfügungsgrundes auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (LAG Hamburg 13.11.1981 – 6 TaBV 9/81 – DB 1982, 1522; LAG Frankfurt 21.09.1982 – 4 TaBVGa 94/82 – DB 1983, 613; LAG Hamm 23.03.1983 – 12 TaBV 15/83 – AuR 1984, 54; LAG Berlin 07.09.1995 – 10 TaBV 5/95 – LAGE BetrVG 1972 § 111 Nr. 13 = AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 36 = NZA 1996, 1284; LAG Hamburg 26.06.1997 – 6 TaBV 5/97 – LAGE BetrVG 1972 § 113 Nr. 6 = NZA-RR 1997, 296; LAG Hamburg 27.06.1997 – 5 TaBV 5/97 – LAGE BetrVG 1972 § 111 Nr. 15; LAG Thüringen 26.09.2000 – 1 TaBV 14/00 – LAGE BetrVG 1972 § 111 Nr. 17; LAG Schleswig-Holstein 20.07.2007 – 3 TaBVGa 1/07 – NZA-RR 2008, 244; LAG Hessen 19.01.2010 – 4 TaBVGa 3/10 – NZA-RR 2010, 187; LAG Schleswig-Holstein 15.12.2010 – 3 TaBVGa 12/10 – LAGE BetrVG 2001 § 111 Nr. 11 = DB 2011, 714; Heither, Festschrift für Däubler, 1999, S. 338; Matthes, RdA 1999, 178; Festschrift für Dietrich, 1999, S. 355; Zwanziger, BB 1998, 477; Pflüger, DB 1998, 2062; Dütz, AuR 1998, 181; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 12. Aufl., §§ 112, 112 a Rn. 23 f; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 26. Aufl., § 111 Rn 138 f; vgl. auch: Schmädicke, NZA 204, 295; Fauser/Nacken, NZA 206, 1136 m.w.N.).

Die beiden beim Landesarbeitsgericht Hamm geschäftsplanmäßig zuständigen Beschwerdekammern vertreten unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung seit der Entscheidung vom 28.08.2003 (LAG Hamm 28.08.2003 – 13 TaBV 127/03 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 165 = NZA-RR 2004, 80) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen nicht bereits vom Grundsatz her ausgeschlossen ist. Liegt eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG vor, korrespondiert dem Verhandlungsanspruch des Betriebsrats hinsichtlich des Interessenausgleichs ein Unterlassungsanspruch, der sich gegen jede einseitige Durchführung der Betriebsänderung richtet. Allein aus der in § 113 BetrVG enthaltenen Sanktionsmöglichkeit zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer ergibt sich kein hinreichender Schutz des Rechtes des Betriebsrats auf Unterrichtung und Beratung. Auch kann dem Gesetzgeber im Zweifel nicht unterstellt werden, dass er rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers sanktionslos unter Ausschluss der Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung hinnehmen will. Führt danach der Arbeitgeber eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG durch, ohne dass eine Beratung mit dem Betriebsrat stattgefunden hat, muss sich der Betriebsrat dagegen auch im Wege der einstweiligen Verfügung zur Wehr setzen können (LAG Hamm 26.02.2007 – 10 TaBVGa 3/07 – NZA-RR 2007, 469; LAG Hamm 30.07.2007 – 10 TaBVGa 17/07 – AuR 2008, 121; LAG Hamm 30.07.2007 – 13 TaBVGa 16/07 -; LAG Hamm 30.04.2008 – 13 TaBVGa 8/08 -, LAG Hamm 28.06.2010 – 13 Ta 372/10 -). Auch das in Art. 8 Abs. 2 der EG-Richtlinie 2002/14/EG geforderte Nebeneinander verfahrenssichernder Maßnahmen und Sanktionen bei Verstößen gebietet bei richtlinienkonformer Auslegung, dem Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch neben dem individuellen Nachteilsausgleich zu gewähren.

  1. Ein danach grundsätzlich gegebener Unterlassungsanspruch steht dem Betriebsrat im vorliegenden Fall aber nicht zu.

Es besteht auch bei summarischer Überprüfung keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die von der Arbeitgeberin geplanten und zum Teil bereits realisierten Maßnahmen eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG darstellen.

  1. Das Arbeitsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht von einer Betriebsänderung i.S.d. § 111BetrVG ausgegangen werden kann.
  2. a) Eine nach § 17 1 KSchG beachtliche Personaleinschränkung, die grundsätzlich auch eine Betriebsänderung darstellen kann, liegt unstreitig nicht vor.

Insbesondere kommt aber im vorliegenden Fall auch keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG, bei der grundsätzlich ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht des Betriebsrates besteht, in Betracht.

  1. aa) Eine Änderung der Betriebsorganisation liegt vor, wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt wird. Grundlegend ist die Änderung, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt. Maßgeblich dafür ist der Grad der Veränderung (BAG 18.11.2003 –1 AZR 637/02– AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 76; BAG 18.03.2008 – 1 ABR 77/06– AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 66 (Rn. 22); BAG 26.03.2009 – 2 AZR 879/07 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 57 = NZA 2009, 679 (Rn 36)). Es kommt entscheidend darauf an, ob die Änderung einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer hat (Fitting, a.a.O., § 111 Rn. 95; WPK/Bender, BetrVG, 4. Aufl., § 111 Rn. 25). Die Änderung muss in ihrer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sein. Nur dann ist die mit § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG verbundene Fiktion gerechtfertigt, die Maßnahme i.S.v. § 111 Satz 1 BetrVG ziehe wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile nach sich.
  2. bb) Im vorliegenden Fall waren mit den von der Arbeitgeberin im Schreiben an den Betriebsrat vom 20.01.2012 beabsichtigten Maßnahmen keine grundlegenden Änderungen der Betriebsorganisation i.S.d. § 111Satz 3 Nr. 4 BetrVG verbunden. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Maßnahme betraf lediglich die vom Mitarbeiter B1 bisher wahrgenommenen Aufgaben, deren Verteilung auf andere Mitarbeiter und die hieraus folgende betriebsbedingte Kündigung des Mitarbeiters B1. Nur dessen Arbeitsplatz ist von den von der Arbeitgeberin beabsichtigten organisatorischen Maßnahmen betroffen. Nur der Arbeitsplatz des Leiters des Bereichs Technik, Herrn B1, fällt durch die von der Arbeitgeberin geplanten Maßnahmen weg.

Der Betriebsrat kann sich nicht darauf berufen, dass diese Änderung auch einschneidende Auswirkungen auf den weiteren Betriebsablauf und insbesondere auf die weiteren im Bereich Technik beschäftigten Mitarbeiter hat. Die von der Arbeitgeberin geplante Maßnahme führt zwar in dem betroffenen Teilbereich zum Wegfall der bisherigen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten; die im Bereich Techniker beschäftigten Mitarbeiter erhalten neue Vorgesetzte und müssen in größerem Umfang ab dem 01.02.2012 mit der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin, dem Prokuristen Ö1 und der Firma D1 zusammenarbeiten. Hierin kann eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation jedoch nicht gesehen werden. Es ist vom Betriebsrat weder dargetan noch sonstwie ersichtlich, dass durch die Maßnahme der gesamte Betriebsablauf im gesamten Betrieb der Arbeitgeberin oder auch nur im Bereich Technik in erheblichem Ausmaß betroffen wäre. Soweit der Betriebsrat aus dem Anhörungsschreiben der Arbeitgeberin vom 20.01.2012 folgert, dass die gesamte technische Veranstaltungsplanung und -organisation auf die Firma D1 übertragen werden solle und sämtliche damit zusammenhängenden Tätigkeiten ab dem 01.02.2012 in Gänze entfallen, kann dies aus dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 20.01.2012 nicht hergeleitet werden. Nach dem Inhalt des Anhörungsschreibens vom 20.01.2012 entfallen lediglich die in diesem Zusammenhang anfallenden Aufgaben des Mitarbeiters B1. Dies hat die Arbeitgeberin im Verlaufe des vorliegenden Verfahrens insbesondere auch durch die eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführerin vom 03.02.2012 deutlich gemacht. So ist ausdrücklich versichert worden, dass durch die Umverteilung der Aufgaben des Herrn B1 die Beschäftigungsmöglichkeit für die übrigen Mitarbeiter des Servicebereichs Technik nicht und auch nicht weitestgehend wegfallen. Deren Tätigkeitsfelder bestehen nach wie vor. Aus der Beschwerdebegründung des Betriebsrats ergibt sich nichts anderes. Welche Tätigkeiten der übrigen Mitarbeiter des Servicebereichs Technik weggefallen sind oder sich verändert haben, trägt der Betriebsrat selbst nicht vor. Sein Bestreiten, dass die im Antrag zu 3) genannten Tätigkeiten inzwischen vollständig auf die Firma D1 übertragen worden sind, ist unzureichend. Die Arbeitgeberin hat mit der Beschwerdeerwiderung im einzelnen vorgetragen, welche Aufgaben und Tätigkeiten für die im Servicebereich Techniker tätigen Mitarbeiter in der Vorbereitung und im Aufbau einer Veranstaltung anfallen. Diese Aufgaben bleiben nach wie vor bei der Arbeitgeberin bestehen und sind von der unternehmerischen Entscheidung, die Aufgaben des Herrn B1 umzuverteilen, u.a. auch auf die Firma D1, nicht betroffen.

Soweit der Betriebsrat die Befürchtung hegt, die Firma D1 werde demnächst auch weitere Aufgaben von Mitarbeiterin aus dem Betrieb der Arbeitgeberin übernehmen, kann auch diese bloße Befürchtung des Betriebsrats den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht rechtfertigen. Auch im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer hat der Betriebsrat keine nachvollziehbaren Tatsachen dafür vortragen können, dass durch die Einschaltung der Firma D1 die Aufgaben und Tätigkeiten der weiterhin im Servicebereich Technik beschäftigten Mitarbeiter verändert oder beschränkt worden wären. Durch die Einschaltung der Firma D1 hat sich – soweit bisher erkennbar – an der Arbeitsweise und den Arbeitsbedingungen der weiterhin im Servicebereich Technik beschäftigten Mitarbeiter nichts geändert.

  1. Zutreffend ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch bereits deshalb unbegründet ist, weil die von der Arbeitgeberin beschlossene Unternehmensentscheidung zum 01.02.2012 durchgeführt und umgesetzt worden ist.

Der Betriebsrat verlangt von der Arbeitgeberin im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren die Unterlassung von Maßnahmen bis zum Abschluss eines Interessenausgleichs. Gegenstand der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 111 BetrVG ist hinsichtlich eines Interessenausgleichs eine vom Arbeitgeber beabsichtigte, noch in der Zukunft liegende Betriebsänderung. Dementsprechend ist in § 111 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 und Satz 1, § 122 a Abs. 1 Satz 1 BetrVG stets von der „geplanten“ Betriebsänderung die Rede. Anknüpfungspunkt für etwaige Beteiligungsrechte des Betriebsrates ist die Planung des Arbeitgebers. Die Mitbestimmung soll grundsätzlich stattfinden, bevor die Betriebsänderung durchgeführt ist. Ein Interessenausgleich kann zeitlich nur vor der Durchführung der Maßnahme verhandelt werden. Das Recht des Betriebsrats auf Unterrichtung sowie auf Verhandlungen über das Ob, Wann und Wie der Maßnahme kann nicht erst nach deren teilweisen Durchführung begründet werden. Maßgeblich für das Entstehen der Mitbestimmungsrechte nach § 111 BetrVG wie auch für dessen Zeitpunkt ist damit die unternehmerische Konzeption. Nach Durchführung einer Betriebsänderung kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch insbesondere im Hinblick auf einen Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen. Interessenausgleichsverhandlungen können auch in einer Einigungsstelle nicht mehr nachgeholt werden, wenn der Arbeitgeber die Betriebsänderung bereits endgültig beschlossen und mit der Durchführung begonnen hat (BAG 17.12.1985 – 1 ABR 78/83 – AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 15; BAG 10.11.1987 – 1 AZR 360/86 – AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 15; BAG 28.03.2006 – 1 ABR 5/05 – AP BetrVG 1972 § 112 a Nr. 12; LAG Nürnberg 21.08.2001 – 6 TaBV 24/01 – NZA-RR 2002, 138; LAG Berlin 23.01.2003 – 18 TaBV 2141/02 – NZA-RR 2003, 477; LAG Brandenburg 08.11.2005 – 1 Sa 276/05 – DB 2006, 568 m.w.N.).

So liegt der vorliegende Fall. Der Betriebsrat kann seinen Verhandlungsanspruch im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen, nachdem die vom Betriebsrat behauptete Betriebsänderung bereits durchgeführt ist. Die Arbeitgeberin hatte mit der Durchführung der angeblichen Betriebsänderung bereits begonnen, als der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch geltend machte. Die Kündigung des Mitarbeiters B1 ist bereits am 30.01.2012 ausgesprochen worden, zugegangen ist sie ihm am 31.01.2012. Bereits zum 01.02.2012 ist er im Hinblick auf die beabsichtigten arbeitgeberseitigen Maßnahmen, die Verteilung seiner bisherigen Aufgaben auf die Geschäftsführerin, den Prokuristen und auf Mitarbeiter der Firma D1, freigestellt worden. Seinen Verhandlungsanspruch hat der Betriebsrat erstmals mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 30.01.2012, beim Arbeitsgericht eingegangen um 16.31 Uhr, geltend gemacht worden. Dieser Antrag ist der Arbeitgeberin durch das Arbeitsgericht erst am 02.02.2012 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 01.02.2012 hat der Betriebsrat die Anträge im Hinblick auf seinen Verhandlungsanspruch über einen Interessenausgleich erweitert. Auch der erweiternde Schriftsatz ist der Arbeitgeberin erst am 02.02.2012 zugegangen. Verhandlungen darüber, ob die von der Arbeitgeberin geplanten Maßnahmen, mit deren Durchführung die Arbeitgeberin bereits begonnen hatte, würden danach ins Leere gehen. Etwaige Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Betriebsrat, notfalls in einer einzurichtenden Einigungsstelle, machen danach keinen Sinn mehr, nachdem die Arbeitgeberin mit der Durchführung der vom Betriebsrat behaupteten Betriebsänderung bereits begonnen hat.

III. Gegen diese Entscheidung findet die Rechtsbeschwerde nicht statt, § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.