Betriebsübergang

Ein Betriebsübergang ist der Wechsel des Inhabers eines Betriebs oder eines Betriebsteils. Ein Betriebsübergang ist noch keine Betriebsänderung, daher löst der Betriebsübergang selbst noch keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats gemäß § 111 BetrVG aus.
Als Folge des Betriebsübergangs kann aber eine Betriebsänderung eintreten. Daneben hat ein Betriebsübergang andere individual-arbeitsrechtliche, betriebsverfassungsrechtliche und tarifvertragsrechtliche Konsequenzen.

Bei einem Betriebsübergang können verschiedene negative Folgen eintreten:

• Fortfall der Tarifbindung,
• Fortfall des Betriebsrats,
• Fortfall von Betriebsvereinbarungen,
• Fortfall der Sozialplanpflicht,
• Fortfall des Wirtschaftsausschusses,
• verminderter Kündigungsschutz,
• verschlechterte Arbeitsbedingungen für den Betriebsrat.

Es entstehen bei einem Betriebsübergang unterschiedliche Folgen:

1. individuell-arbeitsrechtlich
Die Arbeitsverträge gelten weiterhin unverändert, es ergeben sich allerdings einige Fragen, die Berücksichtigung finden müssen:
o Wie wird die Zeit der Betriebszugehörigkeit beim Veräußerer berücksichtigt?
o Was geschieht mit vom Veräußerer ausgegebenen Aktienoptionen?
o Wie wirkt sich der Betriebsübergang auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot aus?
o Werden Mitarbeiterrabatte weiterhin gewährt?
o Was geschieht mit Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung?

2. kollektiv-arbeitsrechtlich
Hieraus ergeben sich Fragen im Hinblick auf:
o das (weitere) Bestehen eines Betriebsrats,
o die Geltung von Betriebsvereinbarungen und
o die Tarifbindung bzw. die Geltung von Tarifverträgen

– Konsequenzen für Betriebsvereinbarungen:
Betriebsvereinbarungen gelten bei einem Betriebsübergang grundsätzlich kollektivrechtlich fort, entscheidend ist dabei die Aufrechterhaltung der Betriebsidentität.
Wenn der Betrieb in seiner Identität verändert wird (z.B. vollkommen andere Produkte), gilt dies nicht (Vorschrift des § 613a Abs. 1 S. 2 BGB). In diesem Fall werden die Betriebsvereinbarungen Inhalt der individuellen Arbeitsverträge. Diese Vereinbarungen dürfen für einen Zeitraum von einem Jahr nicht verschlechtert werden.

Wenn es beim Erwerber Betriebsvereinbarungen gibt, die die gleichen Sachverhalte regeln, wie Betriebsvereinbarungen beim übernommenen Betrieb, gelten diese Betriebsvereinbarungen des Erwerbers (§ 613a Abs. 1 S. 3 BGB).

Dabei kommt ein Günstigkeitsprinzip nicht zur Anwendung-
die Betriebsvereinbarung beim Erwerber steht grundsätzlich auch dann vor, wenn diese aus Sicht des Arbeitnehmers im Vergleich zu den beim bisherigen Betriebsinhaber geltenden Betriebsvereinbarungen ungünstiger ist!
Wirkt eine Betriebsvereinbarung nur noch nach, verliert sie ihre zwingende Wirkung. In diesem Fall ist eine individual-rechtliche Abweichung zum Nachteil des Arbeitnehmers zulässig!

– Konsequenzen für Tarifverträge:
Bei einem Betriebsübergang kann gemäß § 613a Abs. 1 S. 2 BGB der Inhalt eines Tarifvertrages zum Inhalt des Arbeitsvertrages werden und als          Tarifvertrag seine Gültigkeit verlieren. Der bisherige Tarifvertrag gilt jedoch kollektiv-rechtlich fort, wenn der Erwerber Mitglied desselben Arbeitgeberverbandes ist, wie der Veräußerer.
Nach § 613a Abs. 1 S. 3 BGB kommt es ebenfalls nicht zur individual-rechtlichen Fortgeltung der Rechtsnorm eines Tarifvertrages, wenn die Rechte und Pflichten durch einen anderen Tarifvertrag geregelt werden – wichtig ist hier aber die beiderseitige Tarifbindung (also auch die der Arbeitnehmer), die Tarifbindung nur des Erwerbers reicht dabei nicht aus!

3. Haftung beim Betriebsübergang:
§ 613a Abs. 2 BGB: Hiernach haftet der Veräußerer für ein Jahr weiter, allerdings abgestuft.
§ 613a Abs.3 BGB: Wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt, haftet sie nicht weiter (wie auch).

4. Kündigungsverbot:
Der mit § 613a BGB bezweckte Bestandschutz für die Arbeitsverhältnisse wäre für die betroffenen Arbeitnehmer völlig wertlos, wenn der Arbeitsvertrag ohne Weiteres gekündigt werden könnte. Deshalb besteht nach § 613a Abs. 4 BGB ein Kündigungsverbot wegen des Betriebsübergangs.
Allerdings kann der Arbeitsvertrag aus anderen Gründen gekündigt werden!

5. Unterrichtung der Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 5 BGB:
Hiernach müssen die betroffenen Arbeitnehmer schriftlich unterrichtet werden über:
• den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs,
• den Grund für den Übergang,
• rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs,
• geplante Maßnahmen, die die Arbeitnehmer betreffen.

6. Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB:
Arbeitnehmer können der Übernahme des Arbeitsverhältnisses durch den neuen Inhaber widersprechen. Dies müssen sie schriftlich tun, den Widerspruch brauchen sie allerdings nicht zu begründen. Daher können sich die Arbeitnehmer aussuchen, ob sie beim alten oder dem neuen Inhaber widersprechen.
Grundsätzlich ist auch ein kollektiver Widerspruch zulässig (z.B. von Betriebsrat koordiniert).

7. Auswirkungen auf den Betriebsrat:
Der Fortbestand des Betriebsrats setzt den Erhalt der Betriebsidentität voraus. Hiervon ist stets dann auszugehen, wenn
• der Betrieb unverändert auf den Erwerber übergeht oder
• ein Unternehmen nach dem Umwandlungsgesetz gespalten wird oder dennoch die betriebliche Organisation im Wesentlichen fortbesteht.