Sachverständige

 Anspruch auf Sachverstand, §§ 80 Abs. 3, 111 S. 2 BetrVG

Sachverständige sind externe, weder dem Betrieb noch dem Unternehmen angehörende Personen, die dem Betriebsrat fehlende Fachkenntnisse zur Beantwortung konkreter, aktueller Fragen vermitteln, damit er seine betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben im Einzelfall sachgerecht erfüllen kann. Das gilt auch dann, wenn der Sachverständige den Betriebsrat seine Sachkunde nicht neutral, sondern an den Interessen des Betriebsrats ausgerichtet zur Verfügung stellen soll. Setzt die Erfüllung der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben spezielle Rechtskenntnisse voraus, kann auch ein Rechtsanwalt zur Vermittlung dieser Kenntnisse als Sachverständige für den Betriebsrat tätig werden (BAG vom 16.11.2005 – 7 ABR 12/05).

Weiterhin können als Sachverständige Technologieberater, Arbeitsmediziner, Gefahrstoffexperten, Bilanzsachverständige usw. in Betracht kommen. Auch Gewerkschaftssekretäre können Sachverständige sein, soweit ihre Tätigkeit über die Unterstützungsfunktion bei Betriebsratssitzungen und Betriebsratsversammlungen hinausgeht.

In der Praxis sind jedoch am häufigsten juristische Beratung gefragt sein.

Erforderlichkeit:

Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen (§ 80 Abs. 3 BetrVG).

Die Kosten trägt der Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG, die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat setzt voraus, dass dieser dem Betriebsrat fehlende Kenntnisse vermitteln sollen, die er zur Wahrnehmung einer konkreten Aufgabe nach dem Betriebsverfassungsgesetz benötigt.

Aufgabe des Sachverständigen ist es nicht, dem Betriebsrat fehlende Kenntnisse in bestimmten Angelegenheiten generell oder auf Vorrat zu vermitteln. Zur Tragung seiner Zustimmung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen darf der Arbeitgeber nur verpflichtet werden, wenn die Heranziehung des Sachverständigen in der konkreten Situation, in der der Betriebsrat seiner Aufgaben zu erfüllen hat, als erforderlich anzusehen ist. An der Erforderlichkeit für die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen fehlt es, wenn sich der Betriebsrat die fehlende Sachkunde kostengünstiger als durch die Beauftragung des Sachverständigen verschaffen kann.

Der Betriebsrat ist aus den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, zum Erwerb des nötigen Fachwissens zunächst die innerbetrieblichen Erkenntnisquellen zu erschließen, eher die mit den Kosten verbundene Beauftragung eines Sachverständigen als erforderlich angesehen werden kann. Die Mitglieder des Betriebsrats haben sich insbesondere um die selbstständige Aneignung der notwendigen Kenntnisse zu bemühen und ggfs. weitere, ihm vom Arbeitgeber gebotene Möglichkeiten der Unterrichtung des sachkundigen Arbeitnehmers des Betriebs oder des Unternehmens (Auskunftsperson) zu nutzen. Dies darf der Betriebsrat nicht von vornherein mit der pauschalen Begründung ablehnen, diese Person besäße nicht das Vertrauen des Betriebsrats, weil sie im Dienst des Arbeitgebers stünden und deshalb nicht als neutral oder objektiv angesehen werden könnten.

Erst nachdem das innerbetriebliche Erkenntisverfahren erfolglos geblieben ist, kann der Betriebsrat die Hinzuziehung eines Sachverständigen verlangen.

Die Sachverständigentätigkeit ist nicht auf die Unterstützung des Betriebsrats in einer einzelnen Frage beschränkt. Sie kann sich auch auf die Einführung eines Projekts beziehen, dass Beratung erfordert, wie beispielsweise die Erstellung eines Interessenausgleichs und Sozialplans im Rahmen einer Betriebsänderung!

nähere Vereinbarung:

Im Zuge der näheren Vereinbarung zum Einsatz eines Sachverständigen muss sich der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber über folgende Einzelheiten einigen:

  • Person des Sachverständigen,
  • Inhalt und Umfang des Auftrags an den Sachverständigen
  • Zeitpunkt, Zeitraum und Kosten seines Einsatzes

Streitfälle:

Kommt es nicht zur näheren Vereinbarung über die Hinzuziehung des Sachverständigen, kann der Betriebsrat eine arbeitsgerichtliche Entscheidung darüber herbeiführen. Wird einem solchen Antrag stattgegeben, darf der Betriebsrat nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses den Sachverständigen hinzuziehen (BAG vom 19.04.1989 – 7 ABR 87/87). Der Betriebsrat kann eine einstweilige Verfügung erwirken (LAG Hamm vom 15.03.1990 – 13 TaBV 16/90).

Beachte:

Nach § 111 S. 2 BetrVG kann der Betriebsrat bei einer Betriebsänderung einen Berater hinzuziehen!

Ein Berater ist eine sachkundige Person, die in Betrieben mit mehr als 300 Arbeitnehmern im Falle von Betriebsänderung den Betriebsrat die erforderlichen Auskünfte erteilt und Kenntnisse zur Erstellung und Ausgestaltung des Interessenausgleichs und Sozialplans vermittelt! Da es sich bei Betriebsänderung oft um hochkomplizierte Fragestellungen handelt, kann der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte in der Regel nicht ohne fremden Sachverstand wirksam ausüben. Dieser Berater, der auch Sachverständigenfunktion wahrnimmt, kann im Falle einer Betriebsänderung in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern abweichend von dem Zeitaufwendigeren Verfahren bei der Hinzuziehung von Sachverständigen (§ 80 Abs. 3 BetrVG) vom Betriebsrat ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber hinzugezogen werden (§ 111 S. 2 BetrVG).

Damit wird der Betriebsrat in die Lage versetzt, die Auswirkungen einer geplanten Betriebsänderung rasch zu erfassen und in kurzer Zeit mit Hilfe eines externen Sachverstands fundierte Alternativvorschläge vor allem für eine Beschäftigungssicherung so rechtzeitig zu erarbeiten, dass er auf die Entscheidung des Arbeitgebers noch Einfluss nehmen kann!